Transparenzhinweis/ Werbung: Wie immer folgt hier zu Beginn eine kurze Erklärung, wie ich dazu kam, diesen Artikel zu schreiben. Ich wurde von Big Forest Frameworks eingeladen an einem Rahmenbaukurs teilzunehmen und darüber zu berichten (Blog/ Social Media). Ich durfte den Kurs kostenfrei machen. Im Gegenzug erhaltet ihr nun meinen persönlichen, ehrlichen Bericht mit ganz viel Hintergrundinformationen zum Thema Rahmenbau.

How to: Fahrradrahmenbau in 5 Tagen!

Wie man innerhalb einer Woche seinen eigenen Rahmen baut
(plus die Extrameile für den Feinschliff!)

Hast du dir schon einmal gewünscht, ein Fahrrad ganz nach deinen Wünschen zu haben? Von Grund auf, mit passender Geometrie und Verarbeitung und mit allen Ösen, die du dir vorstellen kannst? Dann ist ein Rahmenbaukurs vielleicht genau das Richtige für dich!

Als Robert Piontek von Big Forest Frameworks (siehe FAQ weiter unten) vor ein paar Monaten fragte, ob ich einen 5-tägigen Rahmenbaukurs machen und darüber berichten möchte, fand ich die Vorstellung richtig gut und hatte Bock. Dennoch dauerte es eine ganze Weile, bis es schließlich zu einer Entscheidung und einer Terminwahl kam. Zunächst musste ich schauen, wie ich den Zeitaufwand für den Kurs mit Familienleben und sonstiger Arbeit unter einen Hut bekommen konnte. Doch eine Lösung wurde schließlich gefunden (Danke :-*:) Und als klar war, dass ich den Kurs zusammen mit Johanna Jahnke (Die Wundersame Fahrradwelt) und ihrem Mann Timo (Benu Bags) machen durfte, freute ich mich umso mehr.

Es konnte ja keiner vorher ahnen, dass ich in der Zeit auch noch einen Umzug vorbereiten und packen musste. Einen ganz besonderen Geburtstag gab es auch noch zu feiern. Doch irgendwie habe ich es geschafft und möchte nun in diesem Beitrag meine Erfahrungen vom Rahmenbaukurs bei Big Forest Frameworks in Potsdam mit euch teilen. Noch mehr Details findet ihr übrigens auf meinem Instagram-Profil in den Story Highlights, wo ich uns mit vielen Videos jeden Tag begleitet habe.

Ganz untern findet ihr übrigens auch einen Rabattcode, falls ihr auch Lust habt, einen Rahmenbaukurs zu machen! Gültig bis 03.03.2024!

Inhalt

5 Tage Rahmenbaukurs: Ganz viel Theorie oder direkt rein in die Praxis?

Das Thema Rahmenbau war nicht neu für mich. Schon zuvor war ich in eins, zwei Rahmenbauwerktstätten gewesen und ein paar Vorstellungen davon, wie das so abläuft hatte ich auch. Wie umfangreich und aufwändig das am Ende aber wirklich ist, seinen eigenen Rahmen zu bauen, davon hatte ich keine Ahnung. Viel mehr war ich überrascht, wie viele Schritte nötig sind und welche Werkzeuge und Materialien man dafür braucht. Mal eben schnell einen Rahmen bauen, ist auf jeden Fall nicht drin. Was ich in den 5 Tagen in der Potsdamer Werkstatt auf jeden Fall gelernt habe, ist, dass man auch ohne Vorkenntnisse unter präziser Anleitung in einer gut ausgestatteten Werkstatt sehr wohl einen Fahrradrahmen nach Maß bauen kann.

Werkbank mit erktuegen an der Wand
Eine der drei voll ausgestattetn Werkbänke bei Big Forest Frameworks

Mir hat besonders gut gefallen, dass sich dabei Theorie und Praxis sehr gut die Waage hielten. Denn nach einer kleinen Einführung, ein paar Sicherheitshinweisen und ein bisschen Small Talk ging es direkt ran ans Material.
Im Folgenden siehst du, was man in 5 Tagen Rahmenbaukurs machen und lernen kann:

          • ein Verständnis für den Bau eines Stahlrahmens bekommen
          • mithilfe von Robert die Geometrie und das Aussehen des Rahmens festlegen (kleines Bikefitting inklusive)
          • Designentscheidungen treffen (Ösen, Züge…)
          • Stahlrohre schneiden und bohren
          • Stahl feilen und schleifen
            (Flamm-)Löten lernen
          • und noch einiges mehr

Das Ergebnis: Ein Stahlrahmen nach deinen Wünschen, der zu dir passt und für deinen Biketyp vorbereitet ist.

Die Vorbereitung

Die Aussicht, meinen Wunschrahmen zu bauen, ließ mich wahrlich frohlocken. Was für eine Gelegenheit! Doch welches Fahrrad möchte ich am Ende fahren: Allroadbike, Hardtail-MTB oder doch lieber ein Gravelbike mit extra großer Reifenfreiheit?
Eine Vorstellung von meinem Wunschrad hatte ich auf jeden Fall. Geholfen hat das Fahren verschiedenster Fahrräder in den vergangenen Jahren zu unterschiedlichen Anlässen – Tagestour, Bikepacking, Radreise, es war alles dabei. Ich weiß, was mir an einem Fahrradrahmen wichtig ist und was ich voraussichtlich nicht brauchen werde. Das ist ein guter Anfang für einen selbstgebauten Fahrradrahmen.

Robert schickte ein paar Tage vor Kursbeginn einen kleinen Fragenkatalog, um meinen Rahmen und dessen Geometrie mit einer speziellen Fahrrad-Software (BikeCAD) planen zu können. Dies half mir, mein Wunschrad zu hinterfragen und ein paar Entscheidungen zu treffen. An diesem Punkt ergibt es außerdem Sinn, sich Gedanken zu machen über…

            • Komponenten/ Teile wie Schaltung (1-fach/2-fach) 
            • Kurbel (Shimano oder Sram, was Einfluss auf den Rahmen haben kann. Es ist auch möglich, flexibel zu bauen, wenn die Entscheidung noch nicht steht.
            • Tretlagertyp
            • Gabel
            • Art der Züge (innenliegend mit Röhrchen oder Inserts oder außen)
            • Lichtanlage geplant oder Gepäckträger und Schutzbleche?

Hallo Excel-Tabelle!

Die Geometrie

Bei Big Forest gibt es keine Standard-Geometrie. Dein Rahmen wird auf dich abgestimmt und je nachdem, welches Fahrrad du bauen möchtest und wie du später im Sattel sitzen möchtest, wird der Rahmen geplant.

Als Grundlage für die Rahmengeometrie diente vor allem ein Fahrrad, was mir gut passt. In meinem Fall waren es sogar zwei Räder. Außerdem war es hilfreich, dass ich bereits ein Bikefitting gemacht hatte und somit ein paar Daten vorlagen, mit denen gearbeitet werden konnte. Voraussetzung ist das aber natürlich nicht und während des ersten Kurstages findet zur Abstimmung sowieso noch ein Mini-Fitting auf einem Bikefitting Rad statt.

Zusammen mit ein paar Angaben zur gewünschten Reifenfreiheit, zu verlegende Züge und Ösen konnte nun ein erster Entwurf meines Wunschbikes entstehen. Das Finetuning und weitere (Design-)Entscheidungen erfolgten vor Ort in der Werkstatt. Nachdem ich mich zunächst für ein Hardtail-MTB entschieden hatte, fiel die Wahl am Ende aber doch auf den Bau eines Gravelbikes mit extra Reifenfreiheit, aka Monstergravel.

Die Wahl des Stahl - Oder welche Rohre passen zu mir und meinem Wunschrahmen?

Bei Big Forest Frameworks wird im Rahmenbaukurs mit der sogenannten Fillet Brazed Methode (siehe Glossar) ein Rahmen aus Stahl (Chromoly oder Edelstahl) gebaut. Je nach Größe, Gewicht und Fahrradtyp fällt die Entscheidung für die Stahlrohre und ihre Durchmesser. Robert und Konrad haben die Rohre bereits für uns herausgesucht, wir konnten allerdings noch Einfluss auf die Vorauswahl nehmen. Timo, der sehr groß ist, wollte ein möglichst steifes Allroadbike bauen. Deshalb wählte er in Absprache mit Robert für seinen Rahmen ein dreieckig geformtes Unterrohr, welches genau wie sein Sitzrohr einen größeren Durchmesser hat und somit besser zu ihm und seinen Ansprüchen an das Fahrrad passt.

Besonders Menschen, die auf dem breiten Fahrradmarkt aufgrund ihrer Maße (sehr groß, sehr klein, etwas schwerer etc.) oder persönlichen Besonderheiten kein passendes Fahrrad finden, können von einem selbstgebauten Rahmen profitieren.

Tag 1: Was mache ich hier eigentlich?

Der erste Tag war sicherlich der Aufregendste. Als ich nach etwa einer Stunde Fahrt von Berlin aus am Morgen in der Werkstatt in Potsdam ankam, waren Johanna und Timo bereits dort. Schnell waren wir im Gespräch mit Konrad, dem Mitarbeiter von Robert versunken. Ich zuckte auch direkt die Kamera, denn die gut ausgestattete Werkstatt bot zahlreiche Fotomotive. Neben den drei voll ausgestatteten Werkbänken mit den 3-D gedruckten Werkzeughaltern (bis zu drei Personen können gleichzeitig am Rahmenbaukurs teilnehmen), gab es noch allerlei andere Maschinen und Geräte zu entdecken.

Wir alle freuten uns über den Holzkasten mit den bereits für uns vorbereiteten Stahlrohren, die wir nun erstmal begutachten und markieren konnten. So kann man verhindern, dass es später zur Verwirrung kommt, welches Rohr wie herum, wo hin gehört. Jeder nun folgende Schritt wurde von Robert oder Konrad angeleitet und begleitet, sodass wir selbst direkt Hand anlegen und an unserem Rahmen arbeiten konnten.

Die Aufregung war groß, besonders als es endlich losging und Robert uns etwas über den Ablauf und die ersten Schritte erklärte. Folgendes stand am ersten Tag auf dem Programm, den ich aus Zeitgründen leider nur zur Hälfte mitmachen konnte.

          • Rohrsatz/ Hauptrohre vermessen und markieren= wichtig für den Zuschnitt
          • generelles Bikefitting an Fittingrad anhand der vorab gesendeten Maße
          • Anpassung der Geometrie in BikeCAD durch Robert
          • Besprechung von Details wie Menge der Ösen und Züge (innen/außen)
          • erste Schneide-, Bohr- und Feilarbeiten an den Rohren
            = Winkelschneiden

Tag 2: Wie viele Löcher passen in einen Rahmen?

Nachdem es am ersten Tag vor allem ums Ausmessen, Rohr schneiden und Feilen ging, wurden an Tag zwei erstmal ordentlich Löcher gebohrt, viele Löcher! Ihr glaubt gar nicht, wie viele Löcher so ein Rahmen haben kann! Ich weiß es ehrlich gesagt auch nicht mehr!

To do’s an Tag 2 u.a.:

          • Designentscheidung: Ösen und innenliegende Züge
          • Löcher bohren für Ösen und Züge
          • Ösen löten mit Silberlot
          • Feilen/Entgraten der Schnittstellen an den Rohren

Robert zeigte uns an einem Testrohr, wie das Löten funktioniert und anschließend durften wir es alle probieren.

          1. Stelle am Stahl schleifen
          2. Flussmittel drauf,
          3. Brenner an (Gas-Sauerstoff),
          4. Lötmaterial (Silberlot) in die Hand und
          5. los gehts.

Ich war so gespannt darauf gewesen und auch, wenn am Anfang noch das Gefühl dafür fehlte, war das Prinzip schnell klar. Im Verlauf der Woche stellte sich Stück für Stück ein Verständnis dafür ein, wann man wie viel Hitze und wo, wie viel Silber benötigt. Wichtig ist es, die richtige Stelle an den Verbindungspunkten zuerst zu erhitzen (immer das Rohr mit der dickeren Wandstärke) und dann ganz langsam das Lötmaterial einzuschießen, wenn der Zeipunkt gekommen ist.

Im Anschluss konnten wir den ultimativen Test machen und versuchen, die Lötstelle zu brechen und ordentlich am Rohr ruckeln. Ich habe es dann geschafft und die Bruchstelle gab sehr schön Aufschluss darüber, wie die Rohre durch das Löten miteinander verbunden werden (siehe Glossar). Ich kann jetzt schon sagen, dass das Löten definitiv eines meiner Highlights des Rahmenbaukurses war und an Tag zwei kamen auch direkt die ersten Ösen an Ober- und Unterrohr!

Ösen all over the place!

Mittags gingen wir übrigens immer zusammen essen (indisch war hoch im Kurs), tauschten uns aus und stärkten uns für die weitere Werkstattarbeit.

Ich hatte ziemlich genaue Vorstellungen, was ich in meinem Rahmendreieck unterbringen wollte. Da dieses aber nun doch wieder recht klein geworden ist, war etwas Brainstorming nötig. Drei Ösen für die Flaschenhalter am Unterrohr waren gesetzt, aber funktioniert das dann so, wie ich das wollte? Johanna brachte mich schließlich darauf, vier Ösen zu löten.

Warum? Weil ich so aufgrund der vorgegebenen Abstände volle Flexibilität hatte. Am Sitzrohr zwei Ösen, am oberen Unterrohr vier (plus zwei unterhalb) und so konnte ich entscheiden, ob ich mit zwei Flaschen fahre oder auch nur mit einer, die so ganz nah am Tretlager angebracht werden konnte. Als Dankeschön und Erinnerung lötete Johanna dann auch die vierte Öse für mich.

Achso: Übergänge haben wir an diesem Tag auch noch gefeilt. Es wurden Rohre angesägt, gefeilt und geschaut, ob Unterrohr und Sitzrohr zusammen ans Tretlager passen. Außerdem wurde entschieden, welche Art von Kabelverlegung wir wollen: Innenliegende Züge, wenn ja, dann mit Röhrchen oder Inserts? Nach dieser Designentscheidung wurde auch direkt wieder gebohrt. Timo wählte übrigens als einziger Inserts, während Johanna und ich auf die Röhrchen für die Verlegung der Züge setzten.

Tag 3: Das nimmt Formen an.

Bergfest. Der Tag stand ganz im Zeichen des Feilens und Schleifens, die Übergänge zwischen den Rohren mussten weiter angepasst werden, weitere Löcher gebohrt und gelötet wurde natürlich auch wieder. Ich fasse mich kurz, das stand alles auf dem Programm:

          • Hinterbau schneiden
          • Löcher für Züge bohren
          • Röhrchen für Züge biegen und positionieren
          • feilen
          • Ausfallenden löten
          • Rohre in die Rahmenlehre spannen und Übergänge überprüfen

Das Aufregendste war sicherlich, die Hauptrohre (Oberrohr, Sitzrohr und Unterrohr) das erste Mal zusammen mit Tretlager und Steuerrohr in die Rahmenlehre zu spannen und zu schauen, ob alles schon gut passt. Die Vorbereitungen für das Löten am Folgetag liefen auf Hochtouren.

Tag 4: Feilen, löten, sägen, feilen!

Der vorletzte Tag. was? Schon? Die letzten Arbeiten an den Ausgängen für die Züge standen an. Es wurde gesägt und gefeilt.

          • Hinterbau Zugausgänge feilen
          • Rohre in der Rahmenlehre zusammensetzen
          • Rohre heften
          • Rohre aneinander löten= Rahmen entsteht
          • Streben formen und kürzen

Wahnsinn, das sieht schon aus wie ein fertiger Rahmen, könnte man meinen. Doch es stehen noch viele kleine Schritte an, bis es wirklich so weit ist. Robert und Konrad koordinieren unsere Schritte wirklich super, sodass wir teilweise parallel das Gleiche machen, teilweise gleiche Aufgaben an unterschiedlichen Zeiten über den Tag verteilt machen. So sorgen sie dafür, dass jede*r die Unterstützung bekam, die er oder sie benötigte. An diesem Punkt lief das Löten schon richtig gut. Wir arbeiteten uns schließlich Stück für Stück um den Rahmen herum. Viel Silberlot kam zum Einsatz, die Konzentration war hoch. Ich merkte, nachdem der Rahmen bis auf die Streben fertig zusammengesetzt war, wie sehr mich das Löten gefordert hat. Das war richtig anstrengend. Und richtig cool!

Tag 5: Fertig. Also fast.

Wie bitte? Es ist schon Freitag? Diese Woche war einfach so schnell vergangen. Am letzten Tag stand noch einiges auf dem Programm.

          • Streben schneiden
          • noch ein bisschen bohren
          • Kettenstreben löten
          • Sitzrohrloch und Schlitz sägen und feilen
          • Tretlager, Sitz-/ und Steuerrohr nachfräsen
          • Big Forest Emblem löten
          • ggf. Seriennummer setzen und löten
          • Feilen und Schleifen

Robert und Konrad hatten es schon angekündigt, vermutlich würde ein Großteil der Schleifarbeit nach dem Kurs stattfinden. Nicht weil wir besonders langsam waren, eigentlich waren wir sogar echt gut in der Zeit. Aber neben dem Rahmenbau haben wir eben auch eine beträchtliche Zeit damit verbracht, den Rahmenbaukurs zu dokumentieren, zu filmen, zu fotografieren oder gar einen Podcast aufzunehmen. So fehlte nach hinten raus dann doch die ein oder andere Stunde für die Feinarbeit, die den Rahmen erst so richtig schön werden lässt.

Wie ausführlich man das macht, ist jedem freigestellt, aber ich persönlich mag schon gerne glatte Übergänge zwischen den Rohren haben. Es wird sicherlich nicht so wunderschön sein, wie an meinem Raw Lacquer Brompton, aber das kann man für das erste Mal löten wohl auch nicht erwarten :-). Man darf ja auch an der ein oder anderen Stelle sehen, dass das Handarbeit ist.

The Aftermath

Während Johanna und Timo noch einen Tag dranhängen konnten und zum Schleifen den Samstag nutzten, muss ich noch ein anderes Mal in die Werkstatt kommen, um meinen Rahmen zu finalisieren. Die letzten Schleifarbeiten werde ich dann vermutlich auch zu Hause machen (mit etwas Sandpapier, wenn das Gröbste schon erledigt ist.) Irgendwann geht der Rahmen dann zum Beschichten und wird aufgebaut. Aber das hat noch etwas Zeit. (Übrigens kann man das Fahrrad auch optional von Robert und Konrad in der Werkstatt aufbauen lassen.)

Und dann war die Woche einfach um! 5 intensive Tage in der Rahmenbau-Werkstatt ein Big Forest Frameworks voller neuer Eindrücke, Gespräche und vor allem Handwerk. Ich habe so viel gelernt, so viel Neues ausprobiert. Auf jeden Fall wundert es mich nicht, dass manche, die den Rahmenbaukurs besucht haben, zu Wiederholungstätern geworden sind!

Der fertige Rahmen: Ein "Monster"-Gravelbike aus Columbus-Stahl

Glossar/ Begrifflichkeiten

Hier gibt es ein paar einfache Erklärungen ohne große Fachsimpelei zu einigen wichtigen Begriffen in Bezug auf den Rahmenbau.

Chromoly Stahl

Kurz für: Chrom-Molybdän Stahl. Big Forest verwendet Stahlrohre von Columbus (Cromor, Zone, Life, Spirit) und Reynolds.

Stahlrohre im Regal

Heften

Beim Heften der Rohre werden die Verbindungsstellen zunächst punktuell gelötet, um eine erste Verbindung der Rohre herzustellen und ein Verrutschen zu vermeiden. Erst im Anschluss wird durch weiteres Erhitzen des bereits aufgetragenen Lötmaterials dieses weiter um die Verbindungsstelle verteilt und mehr Lötmaterial eingeschossen, um eine haltbare Verbindung zu schaffen.

Flussmittel

Flussmittel ist ein wichtiger Bestandteil beim Flammlöten mit Silberlot. Einfach gesagt, hält das Flussmittel den Stahl beim Löten sauber und das Lötmaterial kann das Werkmaterial (Stahl) besser benetzen und fließen. Das Silberlot, welches wir verwendet haben, war zum Großteil zusätzlich mit einem Flussmittel ummantelt (gelb).

Konifizierung

Damit ist eine Veränderung der Wandstärken innerhalb der Rohre gemeint. Der Außendurchmesser bleibt gleich. Die von uns verwendeten Stahlrohre der Hauptrohre (Sitz-, Ober- und Unterrohr) sind an den Enden dicker als zur Rohrmitte hin. Der Übergang ist fließend. Diese Rohrverarbeitung spart Gewicht ein, wo möglich und gibt zusätzliche Stärke in Bereichen, wo mehr Kräfte wirken und Belastungen stattfinden (z.B. durch Wärmeeinwirkung beim Löten).

Fillet Brazed

Der Rahmen wird mit Messing/ Silber gelötet, d.h. die Rohre werden durch eine Lotnaht miteinander verbunden. Die Übergänge werden glatt geschliffen und gefeilt, sodass der fertige Rahmen bei guter Verarbeitung aussieht, als wäre er aus einem Stück gefertigt mit fließenden Rohrübergängen. Man kann so jegliche Art von Fahrrad bauen und ist auch völlig frei in der Geometrie und den Winkeln. Das Aussehen ist modern und zeitlos. Allerdings ist es etwas schwieriger, seinen Rahmen so zu bauen, da die Stahlrohre und ihre Übergänge genauer gearbeitet werden müssen und auch die Nachbearbeitung aufwändiger ist.

Lugged Brazed

Der Rahmen wird durch Muffen zusammengehalten. Der Look ist klassisch und kann durch unterschiedlich gestaltete Muffen sehr aufwändig und edel aussehen. Im Prinzip ist diese Variante leichter zu bauen, allerdings gibt es durch die fertigen Muffen Einschränkungen in Bezug auf Winkel und Geometrie des Rahmens.Es entstehen zusätzliche Materialkosten.

Fahrradrahmen auf einer Werkbank
Mein Fillet Brazed Rahmen, noch ohne den Feinschiff

Schweißen und Löten sind beides Techniken, um einen Rahmen zu bauen und Rohre miteinander zu verbinden. Sie unterscheiden sich u.a. durch die eingesetzten Temperaturen, die Art der Verbindung und in der Haltbarkeit.

Löten

Für den Rahmenbau haben wir die Rohre mit Silberlot (Metalllegierung) und Brenner (Gas-/Luft-Gemisch) flammgelötet. D.h.es kommt ein zusätzliches Lötmaterial zum Einsatz, welches erhitzt und auf den Werkstoff aufgetragen wird, um diesen an den Übergängen miteinander zu verbinden (z.B. Sitzrohr und Unterrohr mit Tretlager). Das Rohr wird nur erhitzt, damit das Lot besser fließen und sich mit dem Stahl verbinden kann. Die Stahlrohre unseres Rahmens verbinden sich also nicht direkt miteinander, wohl aber das Lötmaterial mit dem Stahl. Das Silberlot, welches wir verwendet haben, bildet eine Art Brücke zwischen den Rohren. Bei Temperaturen über 450°C bis 1000°C spricht man vom Hartlöten, darunter vom Weichlöten.

Schweißen

Bei der Fertigung im großen Mengen werden die Fahrradrahmen meistens geschweißt (teilweise automatisiert, je nach Methode), d.h. bei Temperaturen über 1000°C werden die Rohre durch Wärme und/ oder Druck direkt (ggf. mit Zusatzmaterial) miteinander verbunden. Die üblichen Schweißnähte (Raupen) sind je nach Technik unterschiedlich groß und dick und werden in der Massenproduktion oft nicht groß geglättet. Die Technik ist aufwendiger anzuwenden, birgt durch die hohen Temperaturen eine größere Gefahr, das Material zu schädigen und benötigt mehr Ausrüstung.

Frau beim Flammlöten
Beim Flammlöten (Foto: Jahnke)

Feilen

Schleifen und Feilen sind beides Materialbearbeitungstechniken, die wir im Rahmenbaukurs nutzen mussten. Beim Feilen geht es generell etwas gröber zu und mithilfe verschieden grober und großer Feilen lassen sich z.B. Materialien abtragen und scharfe Flächen glätten. Wir haben beispielsweise die Übergänge der Stahlrohre erst gesägt/ geschnitten und dann ausgefeilt, bis die Form gepasst hat.

Schleifen

Dabei geht es um die Feinbearbeitung eines Werkstückes, aber auch um das Aufrauen, zum Beispiel, bevor ein Materialauftrag erfolgt (Löten, Beschichten…). Die Ösen wurden beispielsweise vor dem Löten mit Sand bestrahlt und der Rahmen ringsum die geplante Lötstelle mit Sandpapier angeschliffen. Die Lötstellen und Übergänge zwischen den Rohren werden zunächst gefeilt bis große Erhebungen weg sind und dann abgeschliffen, um eine möglichst glatte Oberfläche zu erhalten.

 

Feilen eines Rohres
Beim Feilen eines Kabelausgangs (Foto: J. Jahnke)

Rahmenbau für jede*n? Voraussetzungen und Vorurteile

Die wichtigsten Voraussetzungen für die Teilnahme an einem Rahmenbaukurs:
Motivation, die Fähigkeit zuzuhören und zuzuschauen, sowie den Wunsch anzupacken und selbst umzusetzen!

Auch beim Rahmenbau ist die Zahl der männlichen Teilnehmenden deutlich höher als von weiblich gelesenen Personen. Das hat viele verschiedene Gründe und Johanna bespricht das in ihrem Werkstatt-Podcast sehr schön, weshalb ich direkt mal dorthin verweise. Ich konnte dieses Mal aus zeitlichen Gründen nicht dabei sein, dafür aber Timo (Benu Bags), Robert und Konrad von Big Forest und Falca, die den Kurs ebenfalls gemacht hat.

Die Wundersame Fahrradwelt

Episode 103: Big Forest Frameworks
Podcast

Die Quintessenz: Frauen trauen sich oft nicht, bauen aber am Ende die besseren Rahmen! Das lasse ich hier jetzt mal so stehen und möchte nochmal einmal motivieren und sagen: Wenn du dir wünscht, einen eigenen Fahrradrahmen zu trauen, dann ist Big Forest auf jeden Fall ein toller Ort, um dies zu machen.

Wenn du offen bist, bereit zu lernen und dich anleiten zu lassen, dann ist das schon die halbe Miete. Denn das machen Robert und Konrad ziemlich gut. Sie nehmen dich mit, geben dir das Wissen an die Hand, welches du benötigst, um deinen Rahmen zu bauen – vorurteilsfrei, ohne Druck oder Überheblichkeit und immer mit einer helfenden Hand, wenn es mal nicht so läuft. Sicherlich ist es vorteilhaft, wenn du ungefähr eine Ahnung davon hast, aus welchen Teilen ein Fahrrad besteht und du keine Angst vor Feuer hast oder mal einen Bohrer in die Hand zu nehmen. Wenn du allerdings an dem Punkt bist, dass du dir wünschst, selbst ein Fahrrad zu bauen, dann steckst du eh meist schon recht tief im Fahrrad-Business ;-).

Fazit: Vorstellung und Realität

Unsicherheit, Aufregung, Ungewissheit, all das waren Empfindungen, die ich vor dem Rahmenbaukurs bei Big Forest Frameworks in unterschiedlich starken Ausführungen hatte. Ich war, bis auf ein paar Überlegungen zu meinem gewünschten Fahrradrahmen, relativ unvorbereitet in den Kurs gestartet. Auch das hätte ich sicherlich deutlich tiefgründiger machen können, als ich es getan habe. Aus mentalen und zeitlichen Kapazitätsgründen fiel die Planung bei mir jedoch recht knapp aus.

Die Voraussetzungen, wie Menschen in den Kurs starten, sind ganz unterschiedlich. Ja, ich habe auch schon mal einen Bohrer in der Hand gehabt und Löcher in eine Wand gebohrt, aber noch nie in ein schmales Metallrohr. Ich wusste ungefähr, wie das Löten funktioniert, habe es aber noch nie selbst gemacht und schon gar nicht mit einem Brenner. All das lässt sich lernen. Ein paar Dinge laufen dann richtig gut und ein paar liegen dir vielleicht nicht so. Glaubt mir, ich habe das freie Bohren in die schmalen Rohre wirklich nicht gemocht, weil ich noch nicht so ein gutes Gefühl dafür entwickeln konnte. Ich hatte Angst, abzurutschen, was kaputt zu machen, von vorn anfangen zu müssen. Aber es wurde besser, ein Loch noch nach dem anderen. Wichtig war hier wohl auch, dass ich mich nie allein gelassen gefühlt habe, immer jemand da war, um mich zu unterstützen mit einem Feingefühl, wan Hilfe nötig war und wann man schon soweit war, allein weiterzumachen.

Am Ende steht dann da der Wunschrahmen! Er wird nicht perfekt sein und das Fahrad ist damit noch längst nicht fertig. Aber es ist ein Stück Handarbeit, dass es so nur einmal auf der Welt gibt und, dass dann hoffentlich, einmal fertig aufgebaut, unzählige freudige Stunden des Radfahrens beschert. Darauf kann man ziemlich stolz sein!

Jule in der Werkstatt mit Fahrradrahmen in der Hand
Tadaaa, der (fast) fertige Rahmen

In meiner Vorstellung war Rahmenbau einfach ein riesiges Ding und ich habe es mir komplizierter und gleichzeitig einfacher vorgestellt. Es kann und muss nicht pefekt werden, an vielen Stellen ist präzise Genauigkeit nicht so wichtig, was unheimlich viel Druck herausnimmt. An anderen wiederum muss man genau aufpassen, doch Robert und Konrad haben das genau im Blick.

An dieser Stelle noch einmal: Dankeschön für die Einladung, für diese Woche, diese Sorgfalt und Gelassenheit!

Würde ich es wieder tun?

Ich hatte einfach keine Ahnung, wie viele Zwischenschritte nötig sind, wie viele Löcher man bohrt und was es am Ende alles braucht. Dennoch war da nie ein Gefühl von Überforderung. Es war eher Begierde voran zu kommen, zu lernen, den nächsten Schritt zu machen. Der Tag ist einfach so schnell vergangen und ich habe mich jeden Morgen auf die Werkstatt gefreut, auf die Menschen dort und weiter an meinem Rahmen zu arbeiten.

Würde ich es wieder tun? Auf jeden Fall! Schließlich fehlt noch das ein oder andere Bike und ich fände es spannend zu erfahren, wie ich mit etwas Vorwissen durch den Kurs gehen würde. Beim nächsten Mal dann aber hoffentlich mit etwas mehr Zeit und vorab Planung…

Und zum Abschluss hier noch einmal der Hinweis auf Johannas Podcast, wo sie mit Timo über ihren Eindruck vom Rahmenbaukurs spricht. Unbedingt reinhören!

Die Wundersame Fahrradwelt

Episode 103: Big Forest Frameworks,
Teil 2
Podcast

FAQ

Big Forest and the Frameworks: Das klingt nach einem ziemlich lässigen Namen für eine Rockband. Es könnte aber auch genau das sein, was der Name verspricht: Ein Rahmenbauer, der es liebt, dort unterwegs zu sein, wo es mit dem Fahrrad am schönsten ist: In den tiefen, grünen Wäldern, on- and offroad! Vielleicht ist Robert Piontek, Gründer von Big Forest, insgeheim auch beides – Rockstar und Rahmenbauer. Eine ungewöhnliche Karriere hat er auf jeden Fall gemacht.

Geboren und aufgewachsen nahe Detroit, USA, verschlug es Robert irgendwann nach Deutschland und nach einem Zwischenstopp in Hamburg ins beschauliche Babelsberg in Potsdam bei Berlin. Geprägt von seiner Kindheit und Jugend, in der er viel Zeit in der väterlichen Garage verbracht und dort das Basteln und Bauen von Autos gelernt hat, lag ihm das Handwerk immer recht nah. Obwohl er in Astrophysik promoviert, in der Wissenschaft gearbeitet und zwischendurch Hochzeiten fotografiert hat, war er nie ganz glücklich mit der Berufswahl. Nach einem Heimaturlaub, wo sein erster Fahrradrahmen entstand, gründete er 2012 in Potsdam Big Forest Frameworks und wurde somit zum Rahmenbauer.

Seit 2022 unterstützt Konrad Lenz beim Rahmenbau. Der erfahrene Mechaniker hat in der Fahrradbranche schon so ziemlich alles gemacht und ist eine Bereicherung in der Werkstatt mit seinem großen Fachwissen rund ums Fahrrad.

Only steel…Bei Big Forest im Rahmenbaukurs werden Chromoly (Chrom-Molybdän) Stahlrohre von hauptsächlich Columbus, aber auch Reynolds in unterschiedlichen Größen verbaut. Eine Edelstahl-Option gibt es auch für Rennrad oder Gravelbikes.

Ein 5-tägiger Rahmenbaukurs ohne Muffen kostet aktuell (Frühjahr 2024) 2.350 € plus Materialkosten im Schnitt zwischen 250 – 750 € (Stahl durchschnittlich ca. 600 €, Edelstahl ca. 1.400€)

Silber als Teil des Lötmaterials ermöglicht es, mit niedrigeren Temperaturen zu arbeiten, da es die Arbeitstemperatur des Lotes senkt. Es fließt besser als Messing, ist aber auch teurer.

Aus Sicherheitsgründen sollten laut Arbeitsschutzrichtlinie bei der Benutzung von Maschinen mit rotierenden Teilen keine Handschuhe getragen werden.

Damit ihr es mal gehört habt und was ich im Kurs gerne Mal „falsch“ gemacht habe aufgrund von sehr empfindlicher Haut an den Händen.

Haben wir das auch geklärt!

Auch Lust, deinen eigenen Rahmen zu bauen?

Mit dem Code Rahmenbauliebe bekommst du 200 Euro Preisnachlass wenn du bis zum 03.03.2024 einen Rahmenbaukurs bei Big Forest Frameworks buchst.
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