Graveln in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz? Das kenne ich doch nur zu gut! Schon zwei Mal hat mich die Gravelspartakiade in die Gegend gelockt. Jedes Mal quäle ich mich die teils steilen Anstiege hoch und jedes Mal bin ich völlig begeistert von dieser bizarren und wunderschönen Landschaft. Klar also, dass ich beim Bohemian Border Bash 2020 dabei sein wollte. Nicht nur die schöne Kulisse lockte mich nach Sachsen und über die tschechische Grenze, sondern auch die Aussicht einige Gleichgesinnte im böhmischen Camp, welches der feste Ausgangspunkt für alle Touren darstellt, zu treffen. Bei bestem Spätsommerwetter ging es Mitte September 2020 mit meinem 8bar MITTE also wieder in den Zug und rein in ein neues Abenteuer!

TRANSPARENZHINWEIS: Enthält Werbung/Markennennungen aufgrund eines Sponsorings. Die Kosten für die Veranstaltungsteilnahme wurden übernommen. Der Blogbeitrag ist aus meinem eigenen Antrieb entstanden. Ich berichte wie immer aus meiner Perspektive, offen und ehrlich.

Bohemian Border Bash

Der Bohemian Border Bash ist eine Mehrtages-Gravel-Veranstaltung in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz. Je nach Wunsch lassen sich verschiedene „Pakete“ buchen. Die komplette Variante geht von Donnerstagabend bis Sonntagvormittag und inkludiert neben allen Mahlzeiten und der Unterkunft auch Tracks für die Ausfahrten und ein kleines Programm am Abend:

  1. Der Blind Bash am Freitag ist eine ca. 85 km lange Gravel-Tour mit Sponsoren-Checkpoints, an denen kleine Aufgaben glelöst werden können. Bei der Verlosung von Preisen am Abend werden die erfolgreichsten Teilnehmenden belohnt. An jedem Checkpoint erfährt man erst, wo es als nächstes hingehen soll. 1.600 Höhenmeter sorgen dafür, dass die gemütliche Runde bei Live-Musik am Lagerfeuer am Abend nicht ewig lange läuft. Am Freitag starteten auch die Big Bash Fahrenden, die sich auf eine 300 km lange Route durch die Region aufmachten. Weniger als 15 h später war bereits der Erste wieder im Camp eingetroffen…
  2. Am Samstag gab es mehrere Tourenvarianten: kurz, mittel und lang (Winzig Bash – 80km, Little Bash – 120 km, The Bash – 160km), wobei hier die Höhenmeter aussagekräftiger sind, als die Kilometerangaben! So winzig ist der Winzig Bash mit seinen 1.400 hm nämlich gar nicht! Am Abend folgte erneut ein Lagerfeuer und eine Feuershow sorgte für Unterhaltung.

Tag 1: Ab nach Sachsen! Schon wieder…

Eine Zugfahrt ohne Fahrradplatz

Direkt bevor ich zum Bohemian Border Bash gefahren bin, war ich in den Wochen zuvor bereits zwei Mal in Sachsen gewesen: Einmal auf dem Mulderadweg und einen Tag vor meiner Reise gen Dresden habe ich ein paar Tage Urlaub im Erzgebirge gemacht. Von da ging es nur fix nach Hause, Fahrrad wechseln, Taschen neu packen und los! Alle Reisen habe ich, wie fast immer, mit dem Zug gemacht. Leider hatte ich bei der Buchung dieses Mal kein Glück mehr und fand keinen freien Fahrradplatz im EC von Berlin nach Bad Schandau. Diese Reise dauert nämlich dann nur knapp 2,5 Stunden. Oder doppelt so lang mit Regionalzügen. Also probierte ich erstmalig, mein Rad auseinander zu bauen und liebevoll in Müllsäcke eingehüllt im EC mitzunehmen. Boa, war ich aufgeregt. Im ICE wäre ich vermutlich so nicht durchgekommen, aber glücklicherweise sagte im EC kein:e Zugbegleiter:in etwas dazu. Ich habe es mir nämlich so einfach wie möglich gemacht und nur das Vorderrad ausgebaut, den Lenker eingedreht und alles miteinander am Rahmen verzurrt, Gabel etwas gepolstert, Müllsäcke drum und zugeklebt. So konnte ich das Paket sogar noch am Oberrohr über den gesamten Bahnsteig schleppen. Aber schön war das nicht… Beim nächsten Mal müsste ich wohl auch das Hinterrad noch demontieren, um auf der sicheren Seite zu sein.

Doch ich bin in sehr angenehmer Gesellschaft schließlich am Donnerstagnachmittag in Bad Schandau angekommen, von wo die Reise nun mit dem Fahrrad noch ca. 20 km weiter zum Camp gehen sollte.

Bohemian Border Bash Camp

Besagtes Camp ist ein Campingplatz in der Böhmischen Schweiz kurz hinter der tschechischen Grenze, der über zahlreiche Hütten aus Holz verfügt. Darin befinden sich jeweils zwei Doppelstockbetten und zwei einfache Holzschränke. Das wars. Einfach aber ausreichend, da wir dort eh nur schlafen würden. Auch ein paar Zeltplätze gab es dort. Um zu diesem Camp bei Jetřichovice zu kommen, fuhren wir zunächst mit dem Rad von Bad Schandau nach Hřensko. Dort ging es mit der Fähre über die Elbe und rein ins Elbsandsteingebirge! Und diese Fahrt ist immer wieder schön. Auch, wenn es natürlich erstmal nur bergauf gehen sollte… Aber das war eine gute Einstimmung für die kommenden Tage. Im Laufe des Donnerstages trafen die Teilnehmenden im Camp ein und bei regem Austausch saßen wir am Lagerfeuer bis in die Nacht hinein zusammen.

Tag 2: Blind Bash

Die Nacht war selbst in den Hütten relativ kühl gewesen. Tagsüber waren es über 22 Grad, nachts unter 10. Brrrr…Dementsprechend stolperten viele eher leicht bibbernd und noch etwas müde aus ihren Hütten, als wirklich erholt. Nach dem Frühstück und leckeren Magistrale Kaffee ging es gegen 9:30 Uhr direkt rauf aufs Rad und los in die Böhmische Schweiz. Ich radelte entspannt, spürte keinen Zeitdruck und nahm mir vor, mich nicht stressen zu lassen. Meine Gedanken waren immer wieder woanders und ich wusste noch nicht, ob es für mich so ein guter Tag auf dem Fahrrad werden sollte. Doch ich versuchte mich drauf einzulassen. Schon nach ein paar Kilometern traf ich auf eine kleine Gruppe, die mit dem ersten Platten wirklich zu kämpfen hatten. Wenn die Felge nicht zum Reifen passt… Mit etwas Unterstützung vom Reifenprofi und nach zwei zerbrochenen Reifenhebern war der Reifen schließlich besiegt und die Fahrt konnte weitergehen.

Über Checkpoints und Verpflegung

An den verschiedenen Checkpoints des Tages mussten wir unter anderem Reifen inklusive Schlauch über einen Baustamm werfen, einen Chimpanzee-Riegel in schnellstmöglicher Zeit essen, einen Pappierrahmen ausschneiden und damit Fotos machen und einen Ortlieb Rucksack so schnell wie möglich absetzen, auspacken und wieder aufsetzen. Diese kleinen Aufgaben sorgten an dem warmen Tag definitiv für gute Unterhaltung und die auf der Route verteilten Checkpoints ließen die Zeit schnell veregehn und die Strecke wirkte gar nicht so lang. Schließlich gab es Mittagessen direkt an der tschechischen Grenze und neben Expeditionsmahlzeit wartete auch ein frischer Salat auf uns. Leider hat an diesem Tag und auch am folgenden die Verpflegung nicht immer 100%ig hingehauen. Mal wurden die veganen Mahlzeiten vergessen, mal war der Lunch Spot noch gar nicht eröffnet, als wir eintrafen. Doch ich hörte schon, dass für das kommende Jahr an Optimierungen gearbeitet wird, damit alles satt und glücklich sind :-).

Ich fühlte mich nach dem Essen allerdings sehr träge und brauchte eine ganze Weile, um wieder richtig in Schwung zu kommen. Die folgenden Anstiege nahmen mich ziemlich mit und ich spürte auch, dass es mir emotional nicht so gut ging. Immer wieder führte die Route an mir bereits bekannte Orte vorbei und so wusste ich auch, was noch auf unsere kleine Truppe zu kommen sollte, als die Anstiege steiler wurden.

Mir war nach durchbeißen und gleichzeitig spürte ich die Erschöpfung. Dieses Bild fasst das ziemlich gut zusammen:

Danke Justin für diese tolle Aufnahme! Die Bergübersetzung wieder – ansonsten hätte ich defintiv mit den anderen geschoben!

Weiter atmen!

Oben angekommen musste alles raus: Erschöpfung, der Wunsch mehr Luft einzusaugen und „mehr“ zu Atmen, Gedanken an zu Hause. Die Tränen kamen ganz plötzlich, unerwartet. Es ist schwer in Worte zu fassen, warum. Aber ich war nicht allein und das fühlte sich in diesem Moment so gut an! Das kühle Wasser auf meinem Kopf sorgte dafür, dass auch mein Kopf sich etwas besser erholen konnte und nach ein paar weiteren, tiefen Atemzügen fühlte ich mich deutlich besser. Nun hatte ich auch wieder das Gefühl, gerüstet zu sein für die letzten Kilometer bis zum Bohemian Border Bash Camp. Dort waren mittlerweile noch weitere Leute eingetroffen, die nur die Samstagstour mitfahren wollten und insgesamt zwei Nächte im Camp verbringen würden.

Knapp 85 km und 1.600 hm standen am Ende des Tages auf dem Tacho. Darauf ein gutes, tschechisches Bier!

Tag 3: „Winzig“ Bash

Wie bereits erwähnt, bestand am Samstag die Wahl aus drei verschieden langen Strecken. Nach der Erfahrung vom Freitag musste ich nicht lange überlegen, welche ich wählen würde. 80 km und 1.400 hm reichten völlig aus, um am Abend erschöpft im Camp anzukommen. So war auch mehr Zeit zum entspannten Eis essen und fotografieren. Und Eis haben wir sehr leckeres gefunden in einem Ausflugslokal in Sebnitz. So war es auch nicht ganz so schlimm, dass es nur Riegel beim Lunch Spot gab, als wir da eintragen. Da wir nicht noch lange aufs Essen warten wollten, beschloss unsere kleine Gruppe kurzerhand erneut mit der Fähre über die Elbe zu fahren, um im nahegelegenen Bad Schandau in eine Pizzeria einzukehren.

An diesem Tag fuhr ich erneut in einer sehr angenehmen Runde, die sehr gemischt war in Bezug auf Schnelligkeit und Kletterfähigkeiten^^. Doch spätestens an der nächsten Hügelkuppe wurde gewartet und gemeinsam weiter gefahren. Auf mich dann eben etwas öfter… In solchen Momenten gehen mir viele Gedanken durch den Kopf. Zum einen weiß ich, dass ich die Berge schon irgendwie hoch komme und das viel besser geht, als noch vor zwei Jahren. Zum anderen fehlt mir diese ausdauernde Fitness und die Fähigkeit ein bestimmtes Tempo auf Dauer zu halten. Das ist vermutlich auch dem fehlenden, gezielten Training zuzuschulden (wofür ich wenig Motivation verspüre ;-)) und gleichzeitig habe ich das Gefühl, ich würde etwas verpassen, wenn ich zu schnell irgendwo vorbei radle. Lang auf dem Rad sitzen kann ich aber. Zumindest das habe ich bereits ausführlich getestet.

Über Böhmische Schotterwege

Beim Bohemian Border Bash kommt noch hinzu, dass die Routen zwar mit dem Gravelbike gut zu fahren sind, aber teilweise dennoch auch sehr fordernd sein können. Die Wege gehen manchmal recht steil bergab, über feinen aber auch groben Schotter mit teilweise großen Steinen und fiesen Wasserrinnen, die die Straßen queren. Wenn dann noch Kurven hinzukommen, bin ich selbst bergab immer langsamer als die meisten anderen. Und auch wenn das vielleicht gerade anders klingen mag, für mich ist das ok! Ich habe so viel gelernt in den letzten Jahren, versuche beim Gravelbiken Techniken aus dem MTB-Bereich anzuwenden und fühle mich mittlerweile im Gelände ziemlich sicher. An den Abfahrten arbeite ich eben jedes Mal ein bisschen weiter und sehe meine persönlichen Erfolge und Fortschritte. Beim Fahren in einer gemischten Gruppe fällt mir dann eben nur deutlicher auf, dass andere Radfahrende entweder riskiofreudiger oder eben sicherer sind als ich. Also weiterfahren, lernen und Grenzen austesten!

Jedenfalls fühlte ich mich sehr wohl in dieser Truppe, die Content-Production Gruppe könnte man sie fast nennen :-). Neben Johanna („Die Wundersame Fahrradwelt„-Podcast) und Magnus („Roadbikeparty“-YouTube), waren unter anderem noch Isabel von komoot und ab und zu auch ein paar Ortlieb Boys dabei! Abgerundet wurde die bunte Mischung mit meinen Mitfahrgelegenheiten vom Freitag Bert und Alex und Torsten aus Hamburg. Schön wars!

Das zweite Eis gab es dann abends kurz vor Ankunft am Camp. Nach einer erfrischenden Dusche fühlte ich mich schließlich wie ein neuer Mensch und war bereit für das Abendprogramm: Bier, Feuershow und Lagerfeuer beim Gespräch mit lieben Menschen!

Und das Fazit?

Ich würde mal sagen, ein gelungenes Wochenende mit eins, zwei Tiefs auf meiner Seite und etwas Verbesserungspotenzial auf Organisatorenseite (hauptsächlich in Bezug auf die Verpflegung, die teilweise einfach nicht so gut war und die Anzahl der Duschen ;-)). Doch im Großen und Ganzen ist das Bohemian Border Bash ein tolles Event in einer wundervollen Umgebung und definitiv empfehlenswert. Am vierten Tag, ein Sonntag, machte ich mich nach einem entspannten Frühstück und nach dem Beobachten der letzten Challenges im Camp schließlich auf Richtung Bahnhof und weiter nach Berlin. Dieses Mal mit dem Regionalzug.

Wie findet ihr derartige Events? Fahrt ihr lieber selbstorganisiert oder auf Selbstversorger-Fahrten mit oder mögt ihr auch mal das Rundum-Sorglos-Paket genießen?

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11 Comments

  1. Vielen Dank für deinen Bericht. Ich war auch vor Ort, war und bin den Big Bash Nonstop gefahren. Nach einem Frühstück im Camp, rollte ich langsam gegen 10 Uhr morgens los um am Folgetag die erste Fähre nach 7 zu nehmen und zurück zu sein. Ich empdanf die Veranstaltung als eine ganz tolle Idee, Gleichgesinnte haben viele Möglichkeiten eine wunderbare Landschaft kennen zu lernen, Tracks und Menschen laden ein. Der Umgang mit Covid19 war mir aber nicht überlegt genug, so dass ich den Party-Events fern geblieben bin. Es gab ja im Grunde nur die Option, dabei und ggf. verteilen oder raus. Hier wünschte ich mir, zumindest aktuell, dass der Veranstalter das bedenkt, Vorkehrrungen tritt und mit Beispiel voran geht. Ansonsten wünsche ich mir, dass es weitere Veranstaltungen dieser Art gibt, schöner kann man eine Region und Menschen per Rad nicht kennen lernen.

    • Danke Frank! Ja, das kann ich sehr gut nachvollziehen und im Grunde ärgere ich mich teilweise über mein eigenes Verhalten. Definitiv gibt es in Bezug auf Covid19 einiges, was nicht so gut durchdacht war. Dadurch, dass wir zumindest draußen Abstand halten konnten, war das für mich ok. Beim Essen ging es leider gar nicht…

  2. Hört sich echt toll an. Schade, dass man von solchen Veranstaltungen immer erst hinterher erfährt…

  3. Wie immer schön zu lesender Bericht und tolle Bilder.
    Ein Winterprojekt scheint es auch schon zu geben!?
    Eine Transporttasche für das Gravel-Rad .

  4. Es war wirklich sehr schön. Wenn du es nicht hier geschrieben hättest, wäre mir nicht aufgefallen, dass du dich gequält hast. Selbst bergauf war immer ein Lächeln im Gesicht!

  5. Hallo Juliane,
    wunderschöne Fotos zeigst Du da! Ich wäre ja auch gern mal vor Ort vom Bash gewesen. Da das zeitlich aber nicht ging, hab ich mich umso mehr über deinen Bericht und die Bilder gefreut.
    Da ich aus Dresden komme, liegt das Schöne (nämlich die sächsische und böhmische Schweiz) doch so greifbar nah. Vielleicht schnapp ich mir ja mal das Rad und fahr die Runde nach… allerdings macht es in Gemeinschaft sicherlich deutlich mehr Spaß. Und auch das Rahmenprogramm, vor allem mit der Übenachtung im Böhmischen, ist äußerst reizvoll.
    Weiterhin gute Fahrt und schreib uns weiter so schöne Berichte!
    Matthias

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