Die Nacht war frisch, der Himmel am Morgen bewölkt, doch es lag ein sonniger Tag auf dem Rad vor uns: Mit Fährüberfahrt, Erinnerungen aus alten Zeiten und ordentlich Wärme. Sonnenbrand inklusive. Die Himmelfahrtstour 2017, Teil 2.

Auf dem Ostseeküstenradweg

Nach einem kleinen Frühstück und in der Hoffnung auf ein größeres Zweites schwangen wir uns am Freitagmorgen wieder auf unsere bepackten Zweiräder. Weiter ging die Tour auf dem Ostseeküstenradweg aufgrund einer Baustelle über eine Umleitung ein paar Kilometer landeinwärts. Nach einem kleinen Bogen entlang der Felder kamen wir zurück auf unsere Route. Schnell gelangten wir in ein wunderschönes, von kleinen Wäldern durchzogenes Naturschutzgebiet.

Wir sind letztlich nur ein paar Kilometer auf der EuroVelo Route 10 gefahren. Sie führt im Ganzen einmal um die gesamte Ostsee und durch neun Länder. Doch bereits dieser Abschnitt war so schön, dass ich es eigentlich kaum abwarten kann, endlich meine Idee umzusetzen: Ich würde gern irgendwann mal durch Polen und durchs Baltikum entlang dieser Route fahren. Auch, wenn sie noch nicht überall so gut ausgebaut ist, wie auf diesem deutschen Abschnitt. Ich glaube, dass es eine landschaftlich und kulturell sehr reizvolle Reise sein wird!

Ein Fährfahrt, die ist…kurz. Oder: Frühstück, die Zweite

Doch nun erstmal zurück zur Himmelfahrstour 2017. Während wir die letzten Kilometer bis nach Travemünde zurücklegten, kam die Sonne hinter den Wolken hervor. Ich hoffte bereits am Vortag auf viele Schattenabschnitte, doch wie im letzten Jahr auf der Reise durch Dänemark, wurde mir der Wunsch oft nicht erfüllt. Es wurde auch immer wärmer. Zum Glück führte die Tour am Meer entlang und was gibt es da in Mengen? Genau: Wind und Wasser.  So war zumindest die Luft angenehm.

In Priwall  kurz vor Travemünde durften wir von unseren Rädern steigen und ein bisschen Fähre fahren. Ich liebe das! Auf den meisten Radreisen hatte ich bisher tatsächlich das Vergnügen auch einen kurzen Abstecher aufs Wasser machen zu können. Aber zwei Minuten waren doch etwas zu kurz. Da haben wir vor der Überfahrt nach Travemünde mehr Zeit damit verbracht, Kleingeld für den Ticketautomaten zusammen zu kramen, der nur Münzen annehmen wollte.

Drüben angekommen, flanierten wir etwas zu Fuß an der Promenade entlang, wo bereits am späten Vormittag reger Betrieb herrschte. Travemünde ist ein beliebter Urlaubsort. Doch ich hatte nur ein Ziel: die nächste Bäckerei finden! Kurz darauf folgte das richtige Frühstück. Frisch gestärkt radelten wir schließlich aus dem Ort hinaus, um einen Abstecher in Saschas Vergangenheit zu machen.

Zeltlagererinnerungen und Marzipanverzicht

Wir fuhren nach Offendorf in Schleswig Holstein, unweit von Lübeck. Nicht zu verwechseln mit Offenbach bei Frankfurt am Main in Hessen. Offendorf kannte ich nur aus Saschas Erzählungen, denn dort gibt es ein Jugendferienlager in dem Sascha viele Jahre im Sommer als Betreuer verbracht hat. Als wir dort eintrudelten, war gerade Aufbauphase. Große Zelte standen fein säuberlich aufgereiht auf einer noch größeren Wiese mit einem zentralen Platz. Während wir den anwesenden Menschen mehrfach erklärten, dass wir keinen Ort zum Campen suchten (solche Anfragen gab es wohl öfter), führte uns Sascha herum und schwelgte lebhaft in Erinnerungen.

Bevor wir dann weiter Radfahren konnten, mussten wir eine Wegentscheidung treffen. Ursprünglich war es geplant gewesen, dass wir nach Lübeck radeln, ein bisschen Sightseeing machen, Marzipantorte und – eis essen und dann weiter zum Plöner See fahren. Es war schon früher Nachmittag und ich fühlte mich nicht so fit (Knie, Hintern und Sonne). Ich wollte auch ungern so spät ankommen. Doch wir einigten uns schließlich, da keiner auf den Ausflug bestand. So ging es direkt weiter nach Ascheberg, unserem Tagesziel.

Die letzte Etappe

Wir waren mittlerweile schon ein Stück entfernt vom Meer und fuhren auf Landstraßen an Getreide- und Rapsfeldern vorbei und im Schatten auf Wald- und Feldwegen. Der Ausflug über einen Forstweg mit zahlreichen Wurzeln und Steinen war etwas mühselig, wenn auch angenehm kühl. Außerdem fuhr es sich dort deutlich angenehmer, als auf der Hauptstraße.

Am späten Nachmittag trudelten wir schließlich in Ascheberg am Plöner See ein. Ich muss zugeben, dass ich sehr froh war, weil ich die Fahrt gegen Ende leider nicht mehr so genießen konnte. Die Landschaft war schön und die Gesellschaft entspannt, aber ich konnte einfach nicht mehr gemütlich auf meinem Sattel sitzen. Es war nach dem Satteldiebstahl das gleiche Set-Up wie zuvor und dennoch fühlte es sich nicht mehr richtig an. Ich spürte meine Knie deutlich und wollte selbst die kleinen Hügel nicht mehr fahren.

So freute ich mich auf einen entspannten Abend, den wir mit Grillgut, Bier und Geschichten im Garten unserer Unterkunft verbrachten. Außerdem zeigte uns Philipp stolz sein Langzeitprojekt: Der Verrückte baut gerade seinen eigenes Fahrrad! Viele Stunden Planung sind darin bereits geflossen, inkl. Schweißübungen und dem Bau einer eigens angefertigten Rahmenlehre. Ich bin sehr gespannt, wie das fertige Fahrrad aussehen wird! Es wirkt auf jeden Fall vielversprechend.

Die Strecken-Zusammenfassung vom zweiten Teil der Tour gibt es auf Relive zu sehen.

Die Holsteinische Bergwelt und Plön

Der vorletzte Tag der Tour war ein sehr entspannter. Nach dem Gartenfrühstück fuhren wir über einen kleinen Umweg von Ascheberg in den Ferienort Plön. Dabei durfte ich feststellen, dass es im Norden Deutschlands Berge gibt! 

Also, naja, das, was man hier als Berg bezeichnet, ist im Süden des Landes vermutlich nur ein kleiner Hügel. Doch als Anstrengung für den ganzen Tag reichte mir und meinen Knien das definitiv. Der Weg lohnte sich dafür umso mehr. An blühenden Feldern vorbei und durch kleine Dörfer radelnd, sahen wir auf der Strecke auch die Ascheberger Mühle, die in der Postkartenkulisse des leuchtend grünen Getreides vor blauem Himmel ein wunderbares Fotomotiv abgab.

In Plön bummelten wir hinauf zum Plöner Schloss und genossen den fabelhaften Ausblick auf den See mit seinen zahlreichen, geschützten Inseln. Dieser Aufstieg auf den Schlossberg lohnt sich auf jeden Fall. Vor allem, wenn man sich im Anschluss auf dem Marktplatz im Ort mit Eis belohnt – und mit knusprig-soften Waffeln <3 auf einem gemütlichen, winzigen Hinterhof. Während Philipp und Sascha noch fleißig eine Runde um den See radelten, beschlossen Jan und ich nämlich etwas ruhiger zu machen. Ein Spaziergang am See und eine kleine Radtour auf die Prinzeninsel mit Badestelle war jedenfalls auch nicht zu verachten. Das Wasser des Sees ist sehr klar. Auch, wenn es noch ziemlich kalt war, konnten wir der Aussicht auf Erfrischung nicht widerstehen und hüpften einmal hinein ins kühle Nass.

Wenn ihr jemals in diese Ecke kommen solltet, kann ich nicht nur eine Tour mit dem Fahrrad empfehlen, sondern auch die Fahrt mit dem Regionalzug. Dessen Schienen verlaufen teilweise so nah am See entlang, dass man es wirklich als Panoramaroute bezeichnen kann.

Unsere Reise neigte sich am Sonntagmorgen eben mit genau jener Regiofahrt, gen Lübeck und dann weiter nach Berlin, dem Ende. Es waren ein paar wunderbare Tage – rund 200 km auf dem Rad – in einer tollen Landschaft, die wieder einmal gezeigt haben, dass Deutschland viele schöne Ecken zu bieten hat. Wie könnte man die besser erkunden, als mit dem Fahrrad?

Ich bin gespannt, wo es uns nächstes Jahr hinführen wird.


Der erste Teil der Himmelfahrtstour 2017 zum Nachlesen.

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