Radfahreralltag: Falschparker und andere Hindernisse

Sonntagvormittag gegen 11:30 Uhr. Es ist Oktober und die Sonne gibt noch einmal ihr bestes. Sonnenhungrig sitzen wir vor dem Café, um noch ein wenig frische Luft zu tanken. Neben uns die Warschauer Str., die am Wochenende und um diese Zeit vergleichsweise gering befahren ist. Auch Parkplätze direkt vor dem Café sind noch frei. Viele kommen, um sich die leckeren frischen Bagel mitzunehmen oder einen Kaffee für unterwegs. Die Schlange an der Theke ist lang. Die meisten sind zu Fuss oder mit Rad unterwegs. Ein Auto hält direkt auf der Straße vor dem Geschäft, quasi neben uns, nur durch die Parklücke getrennt.

Letztes Jahr wurde begonnen die stark befahrene Warschauer Straße umzubauen. Die als Verbindungsachse zwischen Kreuzberg auf der anderen Spreeseite und Friedrichshain von Autofahrern und Radfahrern gleichermaßen stark genutzte Straße, benötigte dringend eine Verbesserung. Als Radfahrer habe ich mich nie sonderlich wohl auf dieser Straße gefühlt. So viel Verkehr, der Radweg nur einseitig und eine Zumutung, weil schlecht einsehbar und von sehr mangelhafter Qualität und eben kaum Platz für Radler.  Das, obwohl in der Mitte ein begrünter Streifen Raum bieten könnte.  Zumindest Fussgänger kommen auf ihre Kosten.  Die Straßenbahn fährt dort allerdings auch. Man hat also begonnen, schöne neue Schutzstreifen auf den teilweise frisch geteerten Belag zu malen. Nett. Ein Anfang. Und leider nicht genug, wie dieses Beispiel zeigt.

Das Auto

Das Auto, ein Kombi eines bekannten deutschen Autoherstellers, steht. Es steht ganz wunderschön auf dem neuen Rad-Schutzstreifen. Wir fragen uns also, nachdem eine Frau mittleren Alters ausgestiegen und im Café verschwunden ist, warum denn der junge Fahrer nicht in die riesige (und ich übetreibe wirklich nicht), riesengroße Parklücke fährt, um dort zu warten. Wir einigen uns und ich gehe zum Wagen und klopfe dezent auf der Beifahrerseite gegen die Scheibe. Sie wird halb herunter gelassen. 

Ich gebe zu, ich rege mich immer sehr über solch ein Verhalten auf, wenn ich auf dem Rad dadurch die Spur wechseln und in den Verkehr, der oft stark befahrenen Hauptstraßen radeln muss. Leider fahre ich dann auch so gut wie immer weiter, anstatt den Fahrer eines Wagens, der falsch abgestellt wurde, direkt darauf anzusprechen, dass er gerade eine Ordnungswidrigkeit begehe und dies mit einem Bußgeld bestraft werden könne. Meist ist zu wenig Zeit oder aber, es sitzt gar kein Fahrer im Wagen drin. In diese Fall, saß ich aber nicht auf dem Fahrrad, sondern gemütlich entspannt auf einer Bank. Dennoch erinnerte ich mich sofort an diese teilweise gefährlichen Störungen auf der Straße und wie ich mich dabei fühlte, wenn ich an so einem Falschparker vorbei radeln musste.

Aktion

Ich spreche den Fahrer des Autos an und frage ihn höflich, warum er denn nicht diesen tollen, großen Parkplatz nutzt, um den Radstreifen nicht weiter zu blockieren. Dort könne er ja auch super warten. Schließlich muss man dazu nicht einmal wegfahren und suchen, sondern einfach nur einparken. Er reagiert, desinteressiert, weicht aus und meint schließlich in einem ähnlichen Wortlaut: „Äh, nee, die (seine Begleitung) holt nur Kaffee. (…) Einparken ist mir zu stressig.“ Ehe ich noch empört irgendetwas erwidern kann, fährt er das Fenster vor meiner Nase wieder hoch und lässt mich stehen.

So kam es zu diesem Tweet, der doch recht viele Reaktionen hervorrief.

 

Reaktion

Ich war baff und auch meine Freundin Wiebke war sprachlos und regte sich mit mir über derartiges, ignorantes und wirklich asoziales Verhalten auf. Aber was nun? Wir machten beide Fotos. Der Wagen stand immerhin sicher schon 5 min da. Die Polizei rufen? Der Hörer war schon am Ohr. Aber wie lange sollte das dauern? Kurz darauf kam die Beifahrerin aus dem Café, setzte sich Freude strahlend ins Auto und, wenn ich mich nicht getäuscht habe, bedankte sich auch noch fürs Warten. Kann man wirklich so ignorant sein? Verliert man komplett die Perspektive, oder sieht man alles so einseitig, wenn man ein bestimmtes Verkehrsmittel bevorzugt?

Ich schreibe das hier nicht, um gegen Autos zu hetzen. Es sind viel mehr einigee ihrer Fahrer, die scheinbar je nach Charakter, komplett in ihrer eigenen Welt am Straßenverkehr teilnehmen und gar nicht mehr fähig sind, die Perspektive zu wechseln und andere Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen. Ich will definitiv auch keine Radfahrer in Schutz nehmen. Es gibt so viele, die ohne Sinn und Verstand durch die Straßen hetzen oder sich über stark befahrene Kreuzungen schummeln, obwohl die Ampel rot ist. Ich bin auch keine Heilige auf dem Rad. Doch immer mehr versuche ich abzuwägen, wann ich mich wo, wie, verhalten kann und wie sehr Vorschriften oder Regelungen Sinn ergeben in diesem Moment und um diese Uhrzeit.

Ich war in diesem Moment, als mir die Scheibe vor der Nase hing, so perplex. Es gab sehr interessante Reaktionen auf meine Tweet. Manche kann ich nur unterschreiben und frage mich, warum mir diese Idee in diesem Moment nicht gekommen ist. Warum ich nicht, so oder so reagiert habe? Andere fand ich erschreckend aggressiv. Wie war das?  Gewalt erzeugt Gegengewalt? Radikalität kann nie gut sein. Aufklärung umso mehr.

Also sollte ich beginnen, mir ein Reportoire an schlagfertigen Reaktionen und Fakten zuzulegen, um beim nächsten Mal entsprechend reagieren zu können.

Und ein nächstes Mal wird es geben. Da bin ich mir sicher…

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13 Comments

  1. Mein Problem: Ich habe morgens nie genug Rotze für all die Windschutzscheiben die auf Radwegen und Zebrastreifen parken.
    Tipps?

    Darf man Autos auf dem Radweg mit dem Fahrrad einparken?

    Ok, die App wegeheld ist technisch nicht so der Hit, aber funktioniert und manchmal reagiert das Ordnungsamt.

  2. Pingback: Radfahreralltag: Falschparker und andere Hindernisse | The Wrider`s Club

  3. Wieso habt ihr eigentlich der Dame dieser Pfeife nicht gesagt, dass sie und ihr Typ Scheiße sind? Dann wäre ihr Tag versaut gewesen und der des Fahrers im Auto auch. Deiner war es durch diese Aktion doch auch, oder? Ein Rempler, der ihr den Kaffee ausschüttet, wäre auch zielführend. Übrigens: Wer nicht einparken kann, hat in der Stadt mit dem Auto nichts verloren. Vor allem in eine Lücke, in die ein halber LKW passt.

    • Lieber Oli,
      ich kann die Wut durchaus nachvollziehen un dich habe mich wirklich sehr, sehr geärgert in dem Moment. Im Nachhinein auch noch. Doch genau solche von dir beschriebenen Reaktionen verbessern leider gar nichts. Dies war auch ein Grund für diesen Blogbeitrag: Die Reaktionen, die teilweise auf Twitter kamen und in diese Richtugn gingen, wie bei dir. Ich hätte mich defintiv nicht besser gefühlt, abgesehen davon, dass ich nicht gleich gewalttätig oder pöbbelig werde, wenn mir etwas nicht passt. Die Frau zum Beispiel, die hätte ich wirklich noch einmal ansprechen können und im Nachhinein ärgert es mich auch, es nicht getan zu haben. Es wirkte leider so, als wäre sie sich überhaupt nicht bewusst, dass das Verhalten ihres Fahres falsch war. Null Gedanken darüber gemacht. Stoße ich ihr also den Becher aus der Hand, ohne mit ihr vorher zu reden, fühlt sie sich (mit Recht) angegriffen und weiß gar nicht was los ist. Ganz dumme Grundlage, um ein Gespräch zu führen oder Verständnis zu fordern. Also: Nächstes Mal, und das wird wohl kommen, lasse ich mich bestimmt nicht so schnell abspeisen.

      • Hallo,

        leider ist es so, dass solche Typen – und dazu zähle ich auch die liebe weibliche Begleitung des Einpark-Königs – nur harte Grenzziehungen verstehen. Dazu gehört körperliche Gewalt (was man sich selber sehr gut überlegen muss) oder Geldstrafen, die richtig schmerzen. Anders verstehen die das einfach nicht. Denn so jemand freut sich, wenn er (sie) einem anderen was reinwürgen kann.

        Aber du könntest den Typ bei der Polizei anzeigen und die Beamten bitten, den Fahrer zur Aussage in der Wache vorzuladen. Das kostet richtig Zeit. Anfangs leider auch deine. Aber mit etwas Glück erwischt du einen netten Polizisten und der hat eine Idee, wie man solche Assis ärgern kann. Denn ich sehe in diesem Fall mehrere Verkehrsvergehen mit Vorsatz. Und das ohne eine Notlage wie zB Ausladen schwerer Gegenstände bei zugeparkter Straße: Halten im absoluten Halteverbot, Behinderung, Verkehrsgefährdung. Mit etwas Glück wird ein Punkt in Flensburg draus… Nur ein Anruf bei der 110 ist in so einem Fall unsinnig, denn die Nummer ist nur für echte Notfälle vorgesehen.

        Grundsätzlich sind in Deutschland Verkehrsvergehen im Vergleich zu anderen Ländern viel zu billig (in der Schweiz z.B. geht das nach Einkommen).

  4. Wie viele Fahrspuren sind eigentlich durch den Umbau entfallen? Ach, keine? Sowas! Achso, das Halten ist auf Schutzstreifen übrigens erlaubt, nur Parken ist verboten.

  5. Außer dem vermeintlichen Gefühl es dem Falschparker „gegeben zu haben“ bringen diese Aufkleber nichts, wenn sie leicht mit Wasser, oder Glasreiniger (hat man im Auto) wieder ab gehen. Man sollte sich auch nicht beim Kleben erwischen lassen… Im o.g. Fall eh keine Option. Anzeigen geht immer, machen es wie jetzt kaum, oder nur wenige Betroffene, wird es entsprechend wenig bis nichts bewirken, Würden es viele machen, könnte es etwas bewirken. NICHTS zu machen, hat zur Folge, dass Falschparken zunehmen wird. Leider ist egal was man macht, es sehr ineffizient gegen die Falschparker anzugehen, die absehbar nur kurze Zeit dort stehen werden, wie im o.g. Fall. Sehr effizient ist hingegen, wenn absehbar ist, dass an den Ort dauerhaft geparkt wird, die 110 anzurufen, es kommt dann jemand, Ordnungsamt oder Polizei, und „kümmert sich“. Wenn keiner anruft, kümmert sich auch keiner. Im Idealfall werden Falschparker abgeschleppt, das ist (über zehnjährige Erfahrung) das einzige was wirklich hilft.

  6. Egal, was Du tust, tu etwas (naja, fast egal, was, wie Du ja selbst schon schreibst). Die Hauptsache ist, dass solches Verhalten sozial sanktioniert wird. Funktioniert beim Rauchen auch. Viele, verschiedene Impulse von verschiedenen Seiten bewirken Verhaltensänderungen in der Gesellschaft. Je mehr solche Leute angesprochen werden, einen Aufkleber aufs Fahrzeug bekommen, angezeigt werden usw., desto eher ändern sie ihr Verhalten. Hauptsache soziale Sanktion.

  7. Meine Gute, das Gespräch suchen mag helfen aber jeder kennt diese „Scheibe rauf und nicht zuhören“-Situation. Meistens sitzen
    die Falschparker ja auch nicht im Auto. Für diese Fälle bieten sich „Parke nicht auf unseren Wegen“-Aufkleber an. Die gibt es als Block, man kann sie mit Spucke an den Außenspiegel kleben, falls einem nicht vorher schon die Spucke weggeblieben ist und es ist keine Sachbeschädigung. Viel Zeit zum Nachdenken, während man das Ding wieder runterknibbelt.
    Weiter so, Der Hulk;-)))

  8. Auch wenn Du vielleicht keine Einsicht geerntet hast, Hauptsache, Du hast überhaupt reagiert. Tun das viele, dann wird sich was verändern.

  9. Das ist leider in jeder kleinen und großen Stadt Alltag. Vorm Anzeigen schrecke ich noch zurück. Und frage mich ernsthaft, ob es etwas an der Grundeinstellung der Menschen ändert. Es gibt auch Behindertenparkplätze aus einem bestimmten Grund. Und Zebrastreifen. Und Vorfahrtsregelungen. Und Geschwindigkeitslimits. Und rote Ampeln. Etc. Je nach Fortbewegungsart reihe ich mich aber in die Reihe derjeniger ein, die meinen geltendes Recht beugen zu müssen. Und wie heisst es so schön: Wer im Glashaus sitzt…

    Von Rad Race gab oder gibt es einen schönen Aufkleber mit dem nett gemeinten Hinweis: Your parking sucks!

  10. Er kommt mit seiner Bequemlichkeit und Rücksichtslosigkeit davon = Belohnung, er wird es wieder tun, oder Du zeigst ihn an = 30,- € Strafe , vielleicht gibt ihn das zu denken – vielleicht
    Aber, dass wir das so hinnehmen fördert dieses asoziale Verhalten, andere machen es dann auch so „da steht ja schon einer“ usw.
    Ich spreche auch viel zu oft solche Leute an, werde ignoriert oder beleidigt, auf Einsicht trifft man selten. Manche lasse ich dann abschleppen (wenn Polizei oder OA schnell genug da ist), oder anzeigen – dass war dann einer, der es wirklich verdient hat.

  11. Was durchaus hilft, ist den Fahrer anzuzeigen. Vor allem, wenn man Zeugen hat.

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