Mit dem Leihrad durch Berlin zu fahren, ist für viele Besucher eine praktische Möglichkeit sich flexibel umzuschauen und die Stadt in all ihren Facetten kennenzulernen. Doch wie komfortabel sind die großen Leihsysteme wirklich? Ich bin schon durch ein paar deutsche Städte mit Leihfahrrad geradelt. Ob StadtRad in Hamburg, Nextbike in München oder NorisBike in Nürnberg. Nun habe ich mich in Berlin auf das noch recht neue LIDL-BIKE gesetzt und möchte mit euch teilen, wie einfach und komfortabel das sein kann – oder eben auch nicht.

Die Testfahrten liefen in Kooperation mit der Deutschen Bahn und Call a Bike, die mich gefragt haben, ob ich das LIDL-BIKE testen möchte. Da ich das sowieso mal machen wollte, habe ich gern zugestimmt und dem Test stand nichts mehr im Weg.

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Was hat das LIDL-BIKE eigentlich mit der Deutschen Bahn zu tun?

Das LIDL-BIKE ist ein Call a Bike. In Berlin hat LIDL das Sponsoring der Bahnfahrräder übernommen und darf dafür die neuen Cityräder eindeutig mit ihrem Logo branden. LIDL fährt also auch fleißig auf der Grün-Welle mit. An 350 Zonen mit tausenden Fahrrädern ist eine Ausleihe möglich. Auch in anderen deutschen Städten arbeitet Call a Bike mit Partnern zusammen. Im schönen Hamburg ist das StadtRad ebenfalls ein Call a Bike-Fahrrad, mit dem ich im Januar und März schon positive Erfahrungen machen durfte.

Das Leihkonzept unterscheidet sich dabei von Stadt zu Stadt. Die Fahrräder variieren deutlich in der Optik und der Art der Sicherung an der Leihstation. Auch die Preise können städteabhängig unterschiedlich sein. Seit März 2017 stehen die LIDL-BIKEs in Berlin zum Verleih. Der Verleih erfolgt primär über eine mobile App. Wie das funktioniert, erkläre ich im Folgenden.

Das LIDL-BIKE: Fahrrad per App

Die LIDL-BIKE – App kann man einfach im App-Store herunterladen. Auch wenn für die meisten Städte, in denen es Call a Bike Fahrräder gibt, eine eigens gebrandete App existiert, muss man diese nicht für jeden Ort neu installieren. Das Branding ist orts- und partnerbezogen, die Ausleihe ist es jedoch nicht. Das heißt im Klartext: Wen du die Call a Bike-App schon hast, kannst du in allen Städten, in denen es diese Leihräder gibt, unabhängig vom Partner Räder entleihen.

Die App ist einfach aufgebaut und bietet eine Übersicht über die Preise und laufende, sowie vergangene Fahrten. Auch eine Schadensmeldung ist möglich, falls man ein beschädigtes Fahrrad erwischt hat. Sobald man sich mit seinen Daten, wie Name, Adresse und gewünschtem Tarifformat registriert hat, kann man sich auf einer Deutschlandkarte anzeigen lassen, wo Leihräder verfügbar sind und ein Fahrrad entleihen. Aktiviert man den eigenen Standort, werden sofort die Räder in nächster Nähe angezeigt.

Es gibt verschiedene Tarife, die auf Gelegenheitsnutzer und regelmäßige Fahrer abgestimmt sind und sich preislich in den Städten unterscheiden: den Basis-Tarif und den Komfort-Tarif. Beide berücksichtigen Ermäßigungen für Studenten, Senioren und Bahncard-Nutzer. Falls du dein Passwort ändern möchtest und oder deine Daten aktualisieren willst, ist das nur im Browser möglich und du wirst über die App dorthin umgeleitet.

Die Ausleihe und die Rückgabe

Die Ausleihe ist simpel.

  • GPS des Telefons anschalten und den Standort auf der Karte in der App suchen.
  • Das LIDL-BIKE auswählen. Dazu kann man die Nummer in der App antippen und das Rad dann vor Ort suchen. Ich mache es meistens aber so: Ich schaue mir die zur Verfügung stehenden Fahrräder an, wähle eines aus und tippe in der App die Nummer des Fahrrads an. So kann ich vorher schon schauen, ob das LIDL-BIKE in Ordnung ist, genug Reifendruck hat etc. Natürlich kann es immer vorkommen, dass dieses Fahrrad schon entliehen wurde. Das kann ich dann in der App sehen.
  • Nachdem du das Fahrrad in der App ausgewählt hast, musst du das Display am Lenker des Rades drücken und die in der App aufpoppende PIN eingeben.
  • Nun kann das Schloss am Hinterrad per Knopfdruck geöffnet werden.

Das Fahrrad kann übrigens auch per Anruf über die auf dem Display stehende Telefonnummer entliehen werden.

Die Rückgabe

Sie erfolgt ebenfalls über die App und mit verschließen des Fahrrads.

  • Ein Knopfdruck auf das Display ermöglicht entweder einen Wechsel in den Pausenmodus oder die Rückgabe. Im Pausenmodus bleibt das Rad für dich reserviert, falls du es kurz abstellen möchtest. Eine weitere Ausleihe durch andere ist dadurch nicht möglich.
  • Für die Sicherung und Rückgabe einfach das Schloss per Knopfdruck und mithilfe des Riegels am Hinterrad verschließen.
  • Auf dem Display des LIDL-BIKEs und kurz darauf auch in der App kannst du die erfolgreiche Rückgabe überprüfen.

Im Gegensatz zum ebenfalls in Berlin neuen Nextbike gibt es jedoch keine festen Stationen, an denen die Ausleihe und Rückgabe erfolgt. Viel mehr können die Räder relativ flexibel in einem bestimmten Radius um festgelegte Rückgabezonen abgestellt werden. Diese sind auf der Karte in der App an einem Pin mit Kreuz in der Mitte erkennbar. Das scheint zunächst praktisch,weil du nicht so stark ortsgebunden bist. Es ist aber nicht immer von Vorteil, besonders, wenn du mehr als ein Rad ausleihen möchtest. Dann musst du meistens doch näher oder genau zur Rückgabezone, weil dort die meisten Räder verfügbar sein werden.

Die LIDL-BIKEs stehen munter im gesamten Ring-Gebiet von Berlin herum. Mal in der Rückgabezone, mal weiter weg. Falls du es schaffst das Fahrrad innerhalb der Zone abzustellen, erhältst du 50 Cent Gutschrift. Stellst du es außerhalb der Rückgabezone ab, werden 50 Cent von deinem Guthaben abgezogen. Fies wird es, wenn das LIDL-Bike außerhalb des Leihgebietes, als außerhalb des Berliner S-Bahnringes abgestellt wird. Dann wird dein Konto mit 10 € zusätzlich belastet.

In Hamburg ist man beim StadtRad zum Beispiel an feste Rückgabestationen gebunden, wo die Leihräder wieder angeschloßen werden müssen.

Fahrgefühl und Ausstattung: Wie fährt sich das LIDL-BIKE?

Fahrgefühl

Nachdem ich ein paar Meter mit dem Leihrad gefahren war, kam ich nicht drumherum es vom Fahrgefühl mit meiner alten Krücke zu vergleichen, einem Cityrad, das ich früher gefahren bin. Ich möchte nichts beschönigen: Das LIDL-BIKE ist ein „Schlachtschiff“. Schwer und leicht wankend, wie auf hoher See pedalierte ich damit durch Berlin. Doch so negativ das zunächst klingen mag, es hat auch etwas Entspanntes an sich. Das Leihrad entschleunigt. Sicher gibt es auch Menschen, die damit ähnliche Geschwindigkeiten erreichen können, wie mit einem Trekkingrad, doch mir war das zu anstrengend. So verfiel ich bei meiner Tour mit dem LIDL-BIKE in einen Bummelmodus und sah den Nutzen für Besucher der Stadt deutlich vor Augen: Die schweren, aber robust wirkenden Cityräder mit tiefem, komfortablem Einstieg ermöglichen ein bodenständiges Vorankommen bei dem du, ohne dich zu hetzen, mehr von deiner Umwelt mitbekommen kannst.


Die Ausstattung

Das LIDL-BIKE ist standardmäßig mit einer 7-Gang-Nexus-Shimano-Nabenschaltung und Nabendynamo ausgestattet. Ein praktisches Duo, das leicht zu handhaben ist. Ich hatte bei meinen getesteten LIDL-BIKEs keine Probleme damit. Beim StadtRad in Hamburg habe ich das schon anders erlebt. Je nachdem wie alt oder gut gepflegt die Fahrräder sind, kann die Schaltung zum Beispiel Probleme machen und nicht mehr so leichtgängig funktionieren. Bei allen Rädern haben jedoch komfortable Reifen für ein weiches, aber leicht schweres Fahrgefühl gesorgt. Positiv an den am LIDL-BIKE montierten Schwalbe Citizens Mänteln: Sie gleichen kleine Unebenheiten im Untergrund aus.

Das Sattelrohr verfügt über eine Skala mit Markierungen, mit der man einfach die richtige Höhe des Sattels festlegen kann. Ein großer Hebel ermöglicht eine schnelle Justierung. Dieser kann jedoch für manche hinderlich sein, da du mitunter mit dem Oberschenkel beim Fahren daran stoßen könntest. Am besten ausprobieren und versuchen, die richtige Position zu finden! Praktisch finde ich die gebogene Metallschiene auf dem Gepäckträger, die mit festen Spanngurten ausgestattet ist. Damit kannst du leicht Gepäck mitführen und sichern, siehe Bild oben.

Für wen taugt das LIDL-Bike? Vorteile und Nachteile

Lohnt sich das Leihsystem auch für regelmäßige Nutzung und die Bewohner der Stadt? Ich würde sagen ja, auch wenn es ein paar Einschränkungen im Vergleich zum eigenen Fahrrad mit sich bringt.

Nachteile

Der Punkt, den ich am nervigsten finde, ist die Begrenztheit des Leihgebietes. Sicherlich halten sich die meisten Leihradnutzer eher im Zentrum der Stadt auf und das Gebiet innerhalb des Berliner S-Bahnringes ist schon sehr groß. Doch sobald man nicht im Kreis dieses Ringes wohnt, verliert das Leihsystem deutlich an Reiz. Ich wohne knapp außerhalb der Zone und müsste erst ca. 15 Minuten laufen oder zwei Stationen mit der U-Bahn fahren bevor ich an eine Leihzone gelange. Das ist im Alltag natürlich nicht sonderlich praktikabel und ich fühle mich in meiner Mobilität eingeschränkt.

Fährt man mit dem Fahrrad dennoch außerhalb des Ringes und stellt es außerhalb der Rückgabezonen und der Leihgebiete ab, wird eine Gebühr fällig. Das kann schnell teuer werden, ist aber in der Hinsicht nachvollziehbar, dass diese Fahrräder ja irgendwann wieder vom Betreiber eingesammelt werden müssen. Das bedeutet deutlich mehr Aufwand, wenn sie überall verteilt sind.

In Bezug auf den Zustand der LIDL-BIKEs hatte ich bisher Glück und sie waren alle gut fahrbar. Jedoch ist es immer ein wenig ein Glücksspiel, wie meistens, wenn man selbst keinen Einfluss auf die Pflege und das Handling hat. Manche Fahrräder nerven dann zum Beispiel mit deutlichen Fahrgeräuschen, Schaltproblemen oder schlecht eingestellten Bremsen. Da hilft nur sorgfältig auszuwählen, auszuprobieren und notfalls den Schaden via App zu melden.

Vorteile

Dank der breiten Aufstellung der Fahrräder kannst du innerhalb des S-Bahnringes fast überall spontan Räder ausleihen. Die ausgefallene Bahn, SEV oder ähnliches sind kein Problem mehr. Wenn du keine Lust auf öffentliche Verkehrsmittel hast oder nachts mit den Öffis gar nicht oder schwer nach Hause kommst, denk doch mal über ein Leihrad nach! Damit bist du unglaublich flexibel, wenn gerade kein eigenes Rad zur Verfügung steht. Auch der Besuch kann schnell und unkompliziert auf ein Fahrrad zugreifen.

Der große Vorteil ist aber, dass man sich um die Pflege und Wartung des Rades und seiner Verschleißteile keine Gedanken machen muss. Jedoch hilft ein pfleglicher Umgang mit dem Leihrad, dass alle Freude daran haben und oben stehende Probleme am besten gar nicht erst eintreten – zumindest nicht durch mutwillige Beschädigung oder Ignoranz.

Fazit:

Einen Versuch ist es wert! Die Anmeldung und Ausleihe sind einfach, die Kosten halten sich in Grenzen und sind vergleichbar mit den öffentlichen Verkehrsmitteln auf kurzen Strecken – nur dass du deutlich unabhängiger bist. Um wirklich mobil und flexibel zu sein, solltest du jedoch innerhalb des S-Bahnringes wohnen! Sonst wirst du deutliche Einschränkungen in dem Verleihsystem spüren, da die Ausleihe und Rückgabe auf diese Gebiet beschränkt ist.

Wie sind eure Erfahrungen mit Leihrädern? Habt ihr das LIDL-BIKE oder vergleichbare Leihsysteme schon genutzt?

Alle Screenshots sind der LIDL-BIKE-App bzw. der Website entnommen. Die restlichen Fotos und Videos sind ©Radelmädchen.

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5 Comments

  1. Fahrräder leihen kann man sich antun – muss man aber nicht… Ein Fahrrad ist doch, wenn man oft fährt, was persönliches und daher ziehe ich es vor, mit einem meiner Räder fremde Städte und Gegenden zu erkunden. Das Gedöhns mit dem Fahrradkoffer nehme ich gerne in Kauf. Wer ein Brompton sein eigen nennt, hat doch erst recht keinen Grund, ein Fahhrad zu mieten 😉

  2. Um den Artikel auf den richtigen Stand zu bringen: In Berlin gibt es wie erwähnt nicht nur Lidl-Bike, sondern auch Nextbike (welche auch die offizielle Ausschreibung gewonnen haben). In München dagegen gibt es nicht Nextbike, sondern das MVGRad.

    Warum wird hier nur über Lidl-Bike berichtet und nicht ein objektiver Vergleich aller Sharing Systeme in Berlin gemacht? So liest sich das doch arg nach Werbung. Oder kommt der Bericht über die Nextbikes nocht?

    • Liebe Leni,
      vielen Dank für deinen Kommentar.

      Wenn du dir den Beitrag durchgelesen hast, ist dir sicher aufgefallen, dass ich auch andere Städte und Leihsysteme erwähnt habe. Diese sind weder vollständig, noch kenne ich alle. Da ich gefragt wurde, ob ich nicht die LIDL-BIKEs testen möchte, wurden die hier auch vorgstellt. Ich habe auch Vergleiche zum Beispiel mit dem Nextbike gezogen und auch schon über die Santander Räder in London geschrieben, weil ich es interessant fand.
      Die Inhalte dieses Blogs werden von mir festegelegt. Wenn ich ein Produkt spannend finde, dann schreibe ich auch öfter darüber, s. Brompton. Wenn du das als Werbung wahrnimmst, ist das nachvollziehbar, ich sehe allerdings nicht unbedingt etwas negatives darin. Vielleicht hilft es einigen etwas Neues zu entdecken oder Dinge auszuprobieren. Dabei sind es immer subjektive Berichte.

      Das Nextbike war vor ein paar Jahren, als ich in München war, noch verfügbar und, wenn ich richtig nachgelesen habe, gibt es das auch immer noch. Das neue Leihysystem ist ebenfalls von nextbike betrieben, allerdings für die Münchner Verkehrsgesellschaft und in der Innenstadt. Die Räder stammen aber nach wie vor von Nextbike. Das ist also ähnlich wie mit dem Call a bike und dem LIDL-BIKE.

      Viele Grüße,
      Juliane

  3. Das Metropolradsystem hier im Ruhrgebiet, wo ich wohne, habe ich noch nie ausprobiert. Es hat mich auch noch nie so richtig interessiert, zumal es in meinem Stadtteil auch keine Abstellanlage gibt.

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