„La Superbe“ heißt die Ausfahrt mit Brompton-Falträdern, die den Berliner Mauerweg entlang führt. Als ich die Einladung bekam, diese Tour mitzufahren, war ich skeptisch, aber definitiv nicht abgeneigt. Es schien mir eine gute Idee für einen Sonntagsausflug zu sein! Oder könntet ihr euch an einem Sonntag um 7:00 Uhr morgens etwas besseres vorstellen, als mit dem Fahrrad bei Nieselregen durch die Stadt und über sandig-steinige Waldwege zu radeln?

Ich habe da schon so ein paar Ideen und meistens kommt ein Bett und Schlafen darin vor. Doch zum Glück war ich hoch motiviert, hatte sehr angenehme Gesellschaft und eben beschriebene Wegsituationen machten nur einen kleinen Teil der langen Tour aus. Doch von vorn:

Der Berliner Mauerweg

…ist ein den Westteil der Stadt umschließendes Band entlang des alten Grenzverlaufs und lädt heute auf ca. 165 km Länge zu ausgiebigen Touren zu Fuß oder auf dem Fahrrad ein. Dabei führt der Weg durch die geschichtsreiche Berliner Innenstadt und entlang der Stadtgrenze. Ihm folgend kommt man durch wunderschöne Waldgebiete und radelt vorbei an Feldern, Seen und spannenden Bauwerken. Genau diese Strecke wollte eine bunt gemischte Gruppe aus 13 Bromptonliebhabern am ersten Sommersonntag auf Falträdern erfahren. Seit dem Jahr 2015 findet diese Ausfahrt statt. Die meisten Teilnehmer der Tour kennen sich hauptsächlich über ein Forum und die Liebe zum kleinen Faltrad.

 

Sonntagmorgen um 7 Uhr

Das ist weder am Sonntag noch an einem anderen Tag eine Zeit, an der ich häufig unterwegs bin. Doch an diesem Sonntag war ich nun um genau diese Uhrzeit zu „La Superbe“ verabredet. Dafür musste ich früh aufstehen, sehr früh. Das leicht drückende, feucht-warme Wetter weckte mich sogar ein paar Minuten bevor der Wecker klingeln sollte. Es war 5:30 Uhr.

5:30 Uhr!!!

Etwas schlaftrunken und benebelt machte ich mich bereit für den langen Tag. Der einsetztende Regen drückte etwas auf die Laune, konnte mich aber nicht von dem Versuch abhalten, heute wenigstens die magische 100 km Grenze mit dem Brompton zu überschreiten. Nachdem ich noch ein paar Nüsse in die Tasche geschmissen habe, schnappte ich mein Brommie Ljómi, verließ das Haus und hüpfte noch schnell beim Bäcker hinein. Für ein Frühstück Zuhause hatte es nicht mehr gereicht, doch ohne das wäre tatsächlich gar nichts mit mir anzufangen gewesen. Ich gönnte mir die Fahrt mit der S-Bahn bis zum Bahnhof Friedrichstraße, frühstückte darin entspannt und radelte dann die letzten Meter zum Pariser Platz. Das Brandenburger Tor war klassischerweise der Ausgangspunkt für den Berliner Mauerweg.

Ich war etwas unsicher. Soweit ich wusste, kannte ich keinen der Mitfahrer, mit denen ich nun den ganzen Tag verbringen sollte. Die meisten waren um kurz vor Sieben schon vor Ort und in Gespräche vertieft, als ich das Tor erreichte. Bei der Begrüßung schaffte ich es dann auch,  mir nicht einen Namen zu merken. Das konnte ich sonst besser. Immerhin kannte ich den Namen des Organisators, der fleißig kleine Teilnahmeschildchen mit winzigen Magneten verteilte. Vielen Dank, Philippe!

Dann trudelte Patrick von boxbike ein und ich war etwas beruhigt, dass wenigstens ein bekanntes Gesicht dabei war. Es waren schließlich 10 Bromptons, die für das Gruppenfoto posierten. Die anderen drei Mitfahrenden fuhren auf einem Bike Friday – Faltrad, einem Liegerad und einem Rennrad. Einige waren extra aus den verschiedensten Ecken Deutschlands nach Berlin angereist.

07:15 Uhr – Aufbruch

Dann ging es endlich los und ich kam sehr schnell ins Gespräch mit den Bromptonauten. Ich war nun völlig entspannt und freute mich sehr auf die Tour. Da würde auch der Regen nichts dran ändern. Im Uhrzeigersinn fuhren wir auf auf der Route des Mauerweges erst durch Mitte auf angenehm leeren Straßen und dann weiter nach Kreuzberg und Treptow.

Doch noch bevor wir Berlin verlassen haben, nach ca. 7 km, gab es den ersten platten Reifen. Und zwar nicht mit einem Brompton-Mantel, sondern mit einem Schwalbe Kojak, der ohne Profil daher kommt und der perfekte Renn- und Aspaltreifen ist. Doch gegen die reichlich auf den Radspuren verteilten Glasscherben der letzten Partynacht konnte er nichts ausrichten. Das Problem brachte die erste Zwangspause, war jedoch dank mitgeführtem Ersatzschlauch schnell gelöst und wurde von den anderen mit dem Gang zum Späti und reichlich Ratschlägen überbrückt.

First flat tire at 07:50. . . . #brompton #berlin #lasuperbe

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Weiter ging die Fahrt entlang der in die Straße eingelassenen Kopfsteinlinie. Kleine Metallplatten verkündeten in regelmäßigen Abständen, dass dort vor fast 30 Jahren die Mauer verlief. Über die Kiefholzstraße gelangten wir nach Baumschulenweg und zum Teltowkanal, an dem ein schöner Weg durch das Grün und am Wasser entlang komplett vergessen ließ, dass wir noch in einer Großstadt waren.

Als der Weg sich verengte, fühlte ich mich auf einem kurzen Abschnitt schon ein bisschen wie im Dschungel, so eng umgeben von Pflanzen. An einer Brücke hinter dem Gestrüpp war der Pfad einfach vorbei und vor uns ragte eine Treppe nach oben zu Straße empor. Wie gut, dass wir auf kleinen, handlichen Falträdern unterwegs waren;-). Die Brommies wurden einfach mit dem Sattel über die Schulter gehängt, und schnell war das Hindernis überwunden.

Der  Berliner Süden und beginnender Schwund

In Altglienicke auf dem Weg nach Rudow folgte ein breiter Asphaltweg, auf dem man gemütlich zu dritt nebeneinander fahren konnte und so wurde das ein oder andere Schwätzchen geführt.

Eine kleine Umleitung spaltete schließlich das Fahrerlager und während der Großteil eine Runde durch Rudow drehte, beschlossen wir zu dritt den kurzen, „gesperrten“ Weg zu nehmen. Nun gut, die intensiven Wurzelverformungen des Asphalts waren eine gewisse Herausforderung, doch wir bewältigten den Hindernisparcours problemlos. Das Radfahren entlang der Rudower Felder vorbei an Pferdekoppel, Schafwiesen und Schottischen Hochlandrindern war die kleine Hürde defintiv wert. Ljómi hat mit ihren neuen Hörnchen schnell Anschluss gefunden <3.

Cowspotting @dafitoo. . . . #lasuperbe #brompton #berlinermauerweg #mybrompton #brommie #highlandcattle #hochlandrind #berlin #brandenburg #rudow #radelmaedchen_unterwegs #myunseencity #madefortravel

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Schließlich trafen wir wieder auf die anderen und konnten gemeinsam weiterfahren – doch die Wiedervereinigung währte nur kurz. Ein Bromptonaut blieb irgendwann zurück und wurde schließlich vermisst. Ein Telefonat brachte da Licht ins Dunkel. Damit keine unnötige Langeweile aufkam, war Platten Nr. 2 beim gleichen Fahrer wie zuvor aufgetreten. Während überlegt wurde, ob wir nun alle warten sollten oder zurückfahren, machte sich Patrick auf die Suche nach dem Gestrandeten. Die anderen beschlossen derweil zum nächsten Café vorzufahren, um bei einer Kaffeepause auf die Zurückgebliebenen zu warten. Die Zeit lief. Wir waren bereits etwas in Verzug und hatten gerade mal knapp 30 km auf dem Tacho.

Auf dem Weg nach Lichtenrade zum Bäcker kamen wir durch junge Birkenwäldchen und radelten auf einem festen Sandweg entlang, der als Hundeauslauf hoch frequentiert war. Derweil bekam ich die Nachricht, dass auch Patricks Kojaks Probleme hatten. Welcome to flat tire No. 3.  Und noch bevor wir die Lichtenrader Bahnhofsstr. erreicht hatten, verabschiedete sich das nächste Fahrrad. Diesmal war es das Rennrad, das mit seinem profillosen Reifen auffällig wurde und uns Platten Nummer 4 beschehrte. Allerdings beschloss sein Fahrer sich ganz zu verabschieden und wir waren nur noch 12 Teilnehmer der Tour.

Hinter jeder Kurve ein anderer Untergrund: Wie viel Gravel hält ein Brompton aus?

Das hätte das Motto für die Planung des Mauerwegs sein können. So abwechslungsreich wie die Landschaft, waren nämlich auch die Bodenbeläge. Von festem Asphalt, über Kieselsteine, Sandwege und Kopfsteinpflaster war so ziemlich alles dabei.

Wie bereits ersichtlich, ging der Spaß nicht spurlos an den Brommies vorbei. Die meisten waren mit den Standard Brompton-Mänteln beschuht und bieten größtenteils auch bei rutschigem Boden noch genug Grip. Sie machten quasi keine Probleme und waren sehr gut für den Mauerweg nutzbar. Von den Schwalbe Kojaks bzw. allgemein profillosen Reifen sei dringend abgeraten. Ich kann zwar nichts zum Alter der Pannenmäntel sagen, aber die profillosen waren für die zum Teil schwierigen Wegbeschaffenheiten nicht geeignet.

On and on it goes…

Nach der Kaffepause konnten wir endlich zusammen weiterfahren. Zumindest war das der Plan. Es begann stärker zu regnen – wieder folgte ein Stopp, um die Regenjacken anzuziehen.

Kaum waren wir abgebogen, um auf den Mauerweg zurückzukehren geschah das nächste Unglück. Kettenriss! Das passiert nun wirklich nicht alle Tage. Doch wir waren gerade so in Pannenlaune und die Kette war alt und wohl langsam hinüber. Da aber ein paar Fahrer eine halbe Werkstatt dabei hatten,  wurde Multitool und Kettenschloss gezückt und Patrick machte sich ans Flicken des verletzten Brommies.

Man mag es kaum glauben, aber wir haben es trotz erneuter Regenpause tatsächlich bis nach Potsdam geschafft.  Zwei Fahrer entschieden sich für den kürzen Weg mit der Wannseefähre nach Sacrow und verabschiedeten sich dann von der Tour. Der Rest der Truppe radelte weiter durch den Düppeler Forst auf dem Königsweg und durch die Potsdamer Vororte.

Endlich war die Hälfte der Tour geschafft. Rund 80 km hatten wir auf dem Mauerweg zurückgelegt, als es endlich Mittag gab. Da war es schon ca. 14:30 Uhr. Die Pommes taten gut, auch wenn diese Pause mich ein wenig auskühlen ließ. Der letzte Guss zuvor war heftig gewesen und hatte meine Beine recht durchweicht. Für die Regenhose war es da schon zu spät gewesen. Doch sobald wir wieder im Sattel saßen und die schwüle Wärme mit den leicht aufbrechenden Wolken aufkam, trocknete ich schnell und mir wurde wieder warm.

Einer geht noch…

Der folgende Weg durch den Königswald entlang des Lehnitz- und Jungfernsees trumpfte mit zahlreichen, imposanten Gebäuden und Villen auf. Er bot dabei reizvolle Ausblicke in die schöne Potsdamer Landschaft. Nur der Sandweg machte langsam meiner Schaltung zu schaffen, die zusammen mit der Kette durch die Feuchtigkeit und den Sand sehr verklebt war.

Wenn ich jetzt richtig gezählt habe, waren wir bei der Abfahrt von der eindrucksvollen Heilandskirche in Sacrow noch 9 Fahrer. Ein weiterer verabschiedete sich nämlich dort. Dennoch, die Fahrt musste weitergehen! Wir haben auch schon lange keinen Platten mehr gehabt… Doch zum Glück gab es eine schöne, kieselige Route durch den Wald, die nicht nur zahlreiche Mücken zu bieten hatte, sondern auch Platten Nr. 5. Jupp. Einer geht noch.  Auch der war zwar schnell repariert, aber die vielen kleinen Unterbrechungen führten schließlich dazu, dass wir erst um kurz nach 18 Uhr in Spandau an der Heerstraße ankamen. 105 km.

Brompton 100 – Check!

Das Tagesziel war für mich somit erreicht. Der nächste Regenguss setzte ein. Während wir vor dem nahegelegenen REWE warteten, berieten wir, wie wir weiter machen wollten. Die Aussicht durch den Regen in die Nacht hinein zu radeln und jetzt noch in den Berliner Norden zu fahren, lockte mich nicht sonderlich. Und ich war nicht die einzige. Vier tapfere Bromptonauten traten schließlich den Rest der Tour noch an!

Einer radelte zur S-Bahn und vier Fahrer machten sich auf dem Radweg parallel zur Heerstraße auf den Weg stadteinwärts. Dazu gehörte auch ich: Immer geradeaus und bis zum Brandenburger Tor zurück, wo der Tag begonnen hatte.

Ein Brompton kann (fast) alles!

Es war ein tolles Erlebnis mit sehr verschiedenen, angenehmen Menschen auf einer wundervollen Route. Selbst, wenn man keine 165 km an einem Tag fahren möchte, lohnt es sich auf jeden Fall Abschnitte des Berliner Mauerweges mit dem Rad zu erkunden. Ihr glaubt gar nicht, wie schön es in und um Berlin herum sein kann! So viel Grün, so viel Natur und Abwechslung.

Und wie war die Fahrt mit dem Brompton? Erstaunlich gut! Ich bin immer noch überrascht, wie wohl ich mich auf meinem kleinen Falter gefühlt habe. Er war ein sehr guter Begleiter auch auf dieser langen Tour. Sicher, Kopfsteinpflaster ist die Hölle und das Schaltwerk und die Kette verschmutzen auch deutlich schneller, als bei meinem großen Fahrrad. Doch das Sitzgefühl war sehr gut, die ergonomischem Griffe waren Gold wert und meinem Rücken geht es blendend. Nur meine Knie haben leider irgendwann angefangen zu schmerzen, wie auch bei der letzten Tour mit meinem Cube. Ich merke es jetzt einen Tag später noch deutlich und das macht mir etwas Sorgen.

Am Ende des Tages und bis ich Zuhause angekommen war, saß ich 135 km auf dem Fahrrad. Es war meine längste Tour bisher und dann noch mir einem Brompton!

Yesterdays Berlin wall tour on #relive. More details will follow on radelmaedchen.de soon. . . . #berlinermauerweg #berlin #fahrrad #grenze #mauerweg #radtour #bicycle #brompton #brandenburg #myunseencity

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Vielen Dank, Philippe, für das Organisieren von „La Superbe“! Du bist ein sehr aufmerksamer, umsorgender Gruppenleiter und ich habe mich sehr gefreut dich und auch die anderen Bromptonauten kennenzulernen. Bis nächstes Jahr und da dann hoffentlich mit weniger Pannen ;-).

Ich muss jetzt erstmal Ljómi baden, denn die hat eine ganze Menge abbekommen…


persönliche Fahrzeit: ca. 9 h
persönliche Streckenlänge: 135 km
persönliche Zeit unterwegs: ca. 14 h
Teilnehmer zu Beginn: 14
Platte Reifen: 6
Kettenriss: 1
Spaß: 100 %

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5 Comments

  1. Sehr schöner Bericht. Ich wollte euch an der Heilandskirche mit Mineralwasser versorgen, aber es wurde und später …
    Da Kojaks am Sonntag nicht an den Start gehen, wird das Ziel in der Wilhelmstraße wohl von allen? erreicht.

  2. Also nach meiner Erfahrung macht ein Bromie bis 120 km Tagesetappe Spaß und bis 150 … 160 km zumindest keine Probleme – darüber hinaus wird’s langsam anstrengend, weil die vergleichsweise aufrechte Haltung auf Dauer Kraft kostet. Die Marathonreifen von Schwalbe sind ziemlich robust und eine Spur leichtläufiger, als die Originale von Brompton. Die Kojaks eignen sich eigentlich nur zum Tempomachen auf ordentlich ausgefegten Pisten (bspw. Flämingskate, Oder-Neiße-Radweg oder zum BWC etc.). Für normale Pendler sind die viel zu sensibel.

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